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Landgericht Verkehrsunfälle ohne Führerschein

Ein Mann hat im Jerichower Land zwei Autos gestohlen. Dafür gab es 30 Monate Knast.

Von Wolfgang Biermann 11.03.2016, 04:00

Stendal/Burg l Eine Fahrerlaubnis hat er nicht. Dennoch stieg ein vielfach vorbestrafter und zur Tatzeit unter Bewährung stehender 46-Jähriger am 21. August vorigen Jahres im Jerichower Land gleich in zwei Autos. Wobei es ihm die Besitzer recht leicht machten. Der Dieb verletzte einen von ihnen, der sich ans Auto gehängt hatte, um den Diebstahl zu verhindern. Und er fuhr einen radelnden Rentner um.

Außerdem tankte er ohne zu bezahlen. Trotz aller Dramatik trug der Fall, der in der Vorwoche vor der Berufungskammer am Landgericht in Stendal verhandelt wurde, tragisch-komische Züge. Für den Angeklagten, einen Tschechen, der seit Längerem als Gelegenheitsarbeiter in Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) lebt und bundesweit schon Bekanntschaft mit der Justiz gemacht hat, blieb es auch in zweiter Instanz nach zwei Verhandlungstagen bei zweieinhalb Jahren Gefängnis ohne Bewährung.

Die Richter am Landgericht verurteilten ihn wegen versuchter räuberischer Erpressung, in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Diebstahl, Tankbetrug und Fahren ohne Fahrerlaubnis – wie schon das Amtsgericht Burg am 6. Oktober. In Folge der Taten wurde ein Postbote verletzt und er verlor seinen Job, weil er sein Dienstauto offen und mit laufendem Motor hatte stehen lassen. Ein 72-jähriger, zufällig vorbeikommender Radfahrer erlitt Blessuren an Hand und Oberschenkel. Das Fahrrad des Rentners, der seine Fahrt mit dem Bus fortsetzen musste, hatte nur noch Schrottwert. Das Postauto, dessen Diebstahl infolge der Kollision mit dem Radfahrer und mit einer Hauswand letztlich misslang, musste ebenfalls in die Werkstatt.

Nicht zuletzt ist die touchierte Hauswand derart beschädigt worden, dass ihre Reparatur mit rund 10000 Euro zu Buche schlug. Zum Tathergang: Zunächst hat der Angeklagte in Parchau, wie er dort hinkam, blieb ungeklärt, versucht, das mit laufendem Motor und mit offener Fahrertür vor einem Grundstück stehende Postauto in seinen Besitz zu bringen, um damit gen Heimat zu fahren. Der Fahrer bemerkte das Vorhaben, er hängte sich an die Fahrertür und wurde mitgeschleift. Der Angeklagte fuhr rückwärts, konnte ihn aber nicht abschütteln.

Der Postbote griff durchs Fenster der Fahrertür, um den Zündschlüssel zu ziehen. Das Vorhaben misslang. Jedoch gelang es ihm, ins Lenkrad zu greifen.

Der Caddy fuhr daraufhin erst den radelnden Rentner um und kam schließlich an einer Hauswand zu stehen. Die Polizei nahm den von dem Postler und einem Anwohner festgehaltenen Angeklagten mit aufs Revier nach Burg, ließ ihn nach Anzeigenaufnahme und Feststellung der Personalien aber wieder laufen.

Der hatte nichts Besseres zu tun, als in Körbelitz, einem Ortsteil von Möser, einen unverschlossenen Opel Combo zu stehlen. Die Fahrerin hatte den Zündschlüssel nebst Geldbörse auf dem Beifahrersitz liegenlassen.

Von dem „gefundenem“ Geld kaufte sich der Angeklagte Zigaretten und Schnaps. Später tankte er in einer Tankstelle in Genthin für knapp 40 Euro und fuhr davon. Die von der Tankwartin alarmierte Genthiner Polizei konnte den Opel an einer Ampel unweit der Tankstelle einkeilen und den Dieb festnehmen.

Offenbar hat dieser nach seiner Festnahme dann noch weiter Alkohol konsumiert, aus einer Flasche, in der vermutlich Brause gemischt mit Schnaps war, und die ihm die Polizisten nicht abgenommen hatten. 2,03 Promille ergab die später durchgeführte Blutentnahme.

Weil nicht klar war, wann der Angeklagte mit dem Trinken angefangen und wann aufgehört hatte, ließ das Landgericht den Tatvorwurf der Trunkenheit im Verkehr fallen, was sich aber im Urteil nicht zu seinen Gunsten auswirkte. Ob er in Tschechien eine Fahrerlaubnis besitzt, wie er behauptete, blieb ungeklärt.

Spielte laut Urteil letztlich auch keine Rolle, weil er sie hätte längst umschreiben lassen müssen. Schon 2013 war der Angeklagte in Lübeck wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden.