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Handball/SCM: Stachel der Enttäuschung sitzt nach Niederlage in Wetzlar tief Liesegang: "So kann man nicht gewinnen"

Von Janette Beck 22.03.2010, 05:21

Z: Wernigerode ZS: WR PZ: Wernigerode PZS: WR Prio: höchste Priorität IssueDate: 21.03.2010 23:00:00
Wetzlar. Es war ein Bild des Jammers und doch irgendwie symptomatisch für die Situation beim SC Magdeburg nach der vermeidbaren 19:21-Niederlage bei der HSG Wetzlar: Mutterseelenallein und scheinbar ziellos trottete Interimstrainer Sven Liesegang im Anschluss an die Pressekonferenz am Freitagabend mit gesenkten Kopf über das Feld der leergefegten Rittal-Arena. Gedankenverloren lief der Coach, wohl auf der Suche nach dem Kabinengang, in die falsche Ecke, schüttelte den Kopf, winkte resignierend ab und verschwand schließlich schweigend im Dunkel der Katakomben. "Die Enttäuschung ist groß, riesengroß. Da muss ich erstmal eine Nacht drüber schlafen", hatte "Liese" kurz zuvor das "Spiel ohne Rückraum" mit leerem Blick kommentiert.

Auf der entgegengesetzten Seite der Halle, im gastronomischen Bereich, herrschte dagegen unter Wetzlars Handball-Fans eitel Sonnenschein und Partystimmung. Sektkorken knallten, Biergläser klirrten, es wurde munter diskutiert, das Spiel analysiert und viel gelacht. Die Endzeitstimmung und Existenzängste, die nach drei Niederlagen in Folge und zuletzt großer wirtschaftlicher Probleme der HSG im Umfeld aufgekommen war, wichen einer großen Erleichterung.

Und so konnte auch Wetzlars Trainer Michael Roth den glücklichen Ausgang locker und mit einer gehörigen Portion Galgenhumor in Bezug auf seine Krebserkrankung kommentieren. "Also, wenn meine Prostata nicht schon weg wäre, bei dem Spiel heute hätte sie sich mit Sicherheit entzündet", erklärte der rekonvaleszente Coach mit Blick auf die lange Zeit niveau- und torarme Partie. In der war die HSG in der 45. Minute durch den überragenden neunfachen Torschützen Sven-Sören Christophersen erst das zweite Mal mit 15:14 in Führung gegangen. "21 Tore sind nicht viel, aber wenn man auf der Gegenseite nur 19 kassiert, dann reicht das eben", erklärte ein freudetrunkener Christophersen, der seine Mannschaft mit drei Treffern am Stück zum 19:15 (52.) auf die Siegerstraße geführt hatte.

"Meine Jungs haben den Existenzkampf, den wir in der Kabine ausgerufen haben, zu hundert Prozent angenommen. Das war ein Meilenstein, was wir heute hier praktiziert haben", meinte Roth, der die mannschaftliche Geschlossenheit und Torhüterleistung hervorhob und den "Kampf um jeden Zentimeter und bedingungslosen Einsatzwillen" seiner Spieler über den grünen Klee lobte. "Aufgrund der Verletzungen von Valo und Mraz stand uns nur ein Pygmänen-Rückraum zur Verfügung. Aber in einer solchen Situation muss man eben schnell spielen, und das haben wir vor allem in der zweiten Halbzeit gemacht", strahlte der Coach über den Coup, "denn eigentlich war der SCM individuell besser besetzt als wir".

Das wird Liesegang nur wenig getröstet haben. Im Gegenteil, es hat ihn bärenmäßig geärgert, dass seine Mannschaft die Gunst der Stunde nicht nutzen konnte. Während 21 Gegentreffer für eine "solide Abwehrarbeit" sprächen, sei die Angriffsleistung "über 60 Minuten katastrophal" gewesen, erklärte der Coach sichtlich angeschlagen: "Wir haben nur zwei klassische Rückraumtore erzielen können, so kann man einfach nicht gewinnen."