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Boxen: Magdeburg erlebt Ringschlacht der Superlative / WBO-Weltmeister Stieglitz besiegt Gutknecht klar nach Punkten Nartz: "Der beste Kampf seit langem"

Von Janette Beck 19.04.2010, 05:21

WBO-Weltmeister Robert Stieglitz hat sich in der Nacht zum Sonntag mit einer äußerst beeindruckenden Titelverteidigung gegen Eduard Gutknecht zum eigentlichen Star der "Universum Champions Night" gekrönt. Der klare Punktsieg des 28-jährigen Lokalmadatoren (119:108, 117:11, 117:110) täuscht ein wenig über die Realität hinweg, denn der ins "Nachtprogramm" abgeschobene WM-Kampf hatte ob seiner Klasse, Dramatik und Spannung das Zeug zum absoluten Bestseller.

Magdeburg. All jene Boxfans, die am Sonnabend nicht den Weg in die mit 4000 Zuschauern dennoch gut gefüllte Bördelandhalle gefunden oder am Fernseher ausgeharrt hatten (das deutsch-deutsche Duell um die WBO-Krone im Supermittelgewicht wurde im ZDF erst im Anschluss an den ab 24 Uhr live übertragenen Hauptkampf Zbik vs. Sparda gezeigt), hatten nicht nur in den Augen von SES-Promoter Ulf Steinforth "echt etwas verpasst!".

Der Mitorganisator des Universum-Kampfabends schwebte nach der Titelverteidigung seines Vorzeige-Champions im siebten Box-Himmel. "Zehn Jahren haben wir gekämpft, und es war wahrlich kein leichter Weg, aber nach diesem Kampf und dieser Wahnsinn-Stimmung in der Halle muss ich sagen: Robert ist endlich angekommen, er hat die Bördelandhalle endgültig zu seinem Wohnzimmer gemacht. Ganz Magdeburg stand hinter ihm", jubelte Steinforth mit feuchten Augen. "Als Promoter erlebt man so einen Kampf vielleicht einmal im Jahr – ich hatte das unglaubliche Glück, jetzt innerhalb von sieben Tagen gleich zweimal – erst Jan Zaveck bei seinem WM-Kampf in Slowenien und nun Robert hier beim Heimspiel. Ich bin megastolz auf meine Jungs."

Auch die Zuschauer übertrafen sich am Ende einer denkwürdigen Ringschlacht, die alles zu bieten hatte, was den Boxsport so faszinierend macht, mit Superlativen. "Unglaublich", "Wahnsinn", "grandios", "fantastisch", "megastark" lauteten ringsherum die Kommentare. Und wenn einer wie Marcel Nartz, der in Deutschland als der Box-Experte schlechthin gilt, sagt: "Das war der beste Boxkampf, den es in Deutschland seit langem gegeben hat, genau das wollen die Leute sehen" – dann dürfen sich Stieglitz und Gutknecht zu Recht geadelt fühlen.

Aber auch die nicht eingefleischten Boxfans gerieten ins Schwärmen: "Ich habe zwar keine Ahnung vom Boxen, aber das war sehr beeindruckend. Die Jungs haben 35 Minuten Vollgas gegeben und bis zum Umfallen gekämpft, davon kann sich so mancher Fußballer echt eine Scheibe abschneiden", befand FCM-Manager Rüdiger Bartsch.

Doch die Akteure, die ihre Freundschaft während des Kampfes "außen vor" lassen mussten (Gutknecht: "Sicher ist das nicht leicht, aber ich musste gegen Robert boxen, wenn ich in dieser Gewichtsklasse weiter nach oben wollte und er vor mir steht ..."), sahen ihr Meisterstück allerdings relativ nüchtern. "Es war einer der intensivsten Kämpfe meiner Karriere, und ,Eddy‘ hat mir wirklich nichts geschenkt. Aber ich war von vornherein auf zwölf Runden eingestellt, und am Ende hat der Bessere gewonnen", sagte Stieglitz, der in der Pressekonferenz keine Silbe darüber verlor, dass er ab der 3. Runde mit angebrochener Schlaghand gekämpft hatte.

Auch Gutknecht, dessen zu Scharen angereiste Fans sich mit den Stieglitz-Anhängern ein stimmgewaltiges "Duell" auf den Rängen lieferten, hatte offenbar nichts von dem Handicap gemerkt. Im Gegenteil. "Das war ein sehr harter Kampf, in dem aus meiner Sicht vieles gut, aber auch einiges nicht so gut funktioniert hat. Ich muss sagen, Robert hat mich einige Male überrascht, und ich habe darauf zu spät reagiert. Deswegen mein Respekt, er hat er verdient gewonnen."

Stieglitz, der von einem Fight gegen Artur Abraham träumt ("Wenn er Mumm hat, tritt er gegen mich an"), will sich zunächst einmal einen Urlaub gönnen. Wenn sich die erste Diagnose von Dr. Jörg-Peter Woltersdorf, der sich die verletzte Hand noch an Ort und Stelle angeschaut hatte, heute bei einer Untersuchung bestätigen sollte, könnte die schöpferische Pause länger dauern als geplant.