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Was hätte passieren können, wenn der 1. FC Magdeburg im Sommer 2007 aufgestiegen wäre? / Eine Fiktion Ist Großöhmichen besser als Messi?

29.05.2010, 05:17

Ein einziger Moment kann im Fußball den Lauf der Dinge regelrecht auf den Kopf stellen und die Sache in eine völlig andere Richtung lenken – sei es der Stürmer, der den leeren Kasten nicht trifft, sei es der Verteidiger, der am Ball vorbeisäbelt oder sei es der Schiedsrichter, der ein klares Tor annulliert. Was wäre beispielsweise passiert, wenn an jenem denkwürdigen 2. Juni 2007 der 1. FC Magdeburg gegen St. Pauli (1:1) ein Tor mehr geschossen und den Sprung in die 2. Liga geschafft hätte? Die Volksstimme-Redakteure Rudi Bartlitz und Uwe Tiedemann haben vor dem heutigen Saisonabschluss ihrer Fantasie einmal freien Lauf gelassen.

2. Juni 2007: Frank Gerster erzielt mit einem Gewaltschuss den Siegtreffer zum 2:1 gegen den FC St. Pauli und macht damit den Durchmarsch des FCM in die 2. Liga perfekt.

4. Juni 2007: Manager Bernd Hofmann kann sich vor Angeboten von Großunternehmen für das Namenssponsoring des neuen Stadions kaum retten. Aber Mercedes, Haribo oder RedBull haben keine Chance. Am Ende bleibt die Wahl zwischen "Täves Radladen" und dem "Nigari- Autohaus".

17. Mai 2008: Der Fußball-Osten steht Kopf! Der FCM hat Geschichte geschrieben und mit einem erneuten Durchmarsch den Aufstieg in die 1. Bundesliga geschafft. Christian Beer hält im entscheidenden Spiel gegen 1860 München nicht nur zwei Elfmeter (Ersatzkeeper Matthias Tischer hatte ihm zuvor einen Zettel zugesteckt, der heute im Kulturhistorischen Museum aufbewahrt wird), sondern trifft zudem in der Nachspielzeit aus 80 Metern zum 1:0 in den Winkel.

28. Mai 2008: Oberbürgermeister Lutz Trümper verleiht FCM-Präsident Volker Rehboldt die Ehrenbürgerschaft.

2. Juni 2008: Halb Europa jagt Peter Otte. Der beinharte Verteidiger lehnt jedoch alle Offerten vom FC Chelsea, AC Mailand und FC Valencia ab und verlängert seinen Vertrag beim Club bis 2015. Trainer Dirk Heyne: "Ich habe immer an ihn geglaubt."

3. Juni 2008: Am nächsten Tag die Überraschungs-Nachricht: Heyne erklärt seinen Rücktritt: "Wenn‘s am schönsten ist, sollte man gehen." Volksstimme erfährt: Ihm liegt eine Millionen-Offerte von Sibir Nowosibirsk vor.

27. Juni 2008: Verdiente Bundesliga-Trainer bieten sich in der Geschäftsstelle an. Bei Dettmar Cramer (85) und Rudi Gutendorf (83) ist man jedoch skeptisch: "Denen fehlt die Erfahrung." Der Ex-Magdeburger Horst Buhtz fällt ebenso durch wie Dragoslav Stepanovic. Dessen Kommentar: "Lebbe geht weider ..." Peter Neururer wird schon bei jedem Training gesehen. Doch die unorthodox denkenden FCM-Chefs zaubern einen ganz anderen aus dem Hut – Paul Linz. Der ist geradezu überwältigt: "Eineinhalb Jahre habe ich auf diesen Anruf aus Magdeburg gewartet." Auch bei den Co-Trainern tauchen selbst bei Insidern unerwartete Namen auf: Andreas Golombek und Jürgen Görlitz.

15. August 2008: Zum Auftakt der Bundesliga-Saison 2008/09 gegen den HSV überrascht Linz ("Eigentlich wollte ich nur noch Akteure einsetzen, die irgendwann mal in einer meiner Mannschaften gespielt haben oder deren Stammbaum sich in die Pfalz zurückverfolgen lässt") mit einem Fünf-Mann-Sturm: Braham – Reimann – Vujanovic – Dzeko – Grafite. Die HSV-Abwehr wird schwindelig gespielt – 4:0.

20. Dezember 2008: Zur Winterpause ist der FCM nach drei Aufstiegen hintereinander als Fünfter bester Neuling aller Zeiten.

Löw nominiert fünf FCM-Akteure

6. Mai 2009: Der FCM besiegt in der Allianz-Arena im DFB-Pokal-Halbfinale den FC Bayern sensationell mit 1:0 (Torschütze Otte) und zieht ins Endspiel ein. Gegner dort: FCM II.

23. Mai 2009: Den FCM-Medien-Direktoren Stephan Lietzow und Natascha Knipper qualmen die Köpfe: Zum letzten Spieltag haben sich TV-Teams aus England, Italien und Spanien angemeldet. MDF 1 (Reporter Rolf Töpperwien) überträgt 12 Stunden live aus der seit Monaten ausverkauften Nigari-Arena. Durch einen hart umkämpften 2:1-Erfolg über den VfL Wolfsburg erreichen die Blau-Weißen als Dritter die Champions-League-Qualifikationsrunde.

1. Juni 2009: Bundestrainer Joachim Löw nominiert mit Christian Beer, Marcel Probst, Christian Prest, Maximilian Watzka und Martin Zander gleich fünf Magdeburger für die WM-Qualifikationsspiele. Löw: "Ich könnte mir in Zukunft sogar einen richtigen FCM-Block vorstellen."

15. Juli 2009: Spielerberater aus ganz Europa offerieren ihre Schützlinge. Totti, van Nistelrooy, Cannavaro – sie alle fallen durch den Rost. Cristiano Ronaldo ist dem FCM noch (ein bisschen) zu teuer.

20. Juli 2009: Durch Deutschland schwappt eine Riesen-FCM-Sympathiewelle. Der ZDF-Verwaltungsrat beschließt: Ab sofort sitzt bei jeder "Wetten, dass ...?"-Sendung ein Magdeburger Spieler auf der Star-Couch.

8. August 2009: Manager Hofmann strahlt: Sämtliche Logen sind von arabischen Scheichs gemietet. Ärger gibt es nur, weil die SWM ihre Lounge partout nicht räumen will und in keinem der Magdeburger Baumärkte goldene Wasserhähne aufzutreiben sind.

16. August 2009: Usain Bolt gewinnt bei der Leichtathletik-WM in Berlin das 100-Meter-Finale, verzichtet jedoch auf einen Start über 200 Meter, um in Magdeburg an einer FCM-Autogrammstunde teilzunehmen.

17. August 2009: Ex-SCM-Manager Bernd-Uwe Hildebrandt fragt in der FCM-Geschäftsstelle unverbindlich nach, ob denn für ihn eine Praktikantenstelle frei wäre.

12. September 2009: Mit einem Remis und drei Niederlagen hat der FCM einen Fehlstart in die neue Saison hingelegt. Es werden erste Zweifel laut, ob die Neuverpflichtungen Hendrik Großöhmichen und Simon Tüting wirklich die Kracher sind.

14. September 2009: Zwei Tage nach der 0:1-Heimniederlage gegen den VfL Bochum wird das bei allen beliebte FCM-Maskottchen – ein possierliches Tierchen mit dem Namen "Luchs Trümper" – in der Magdeburger Innenstadt von einem unbekannten Handball-Maskottchen hinterrücks verprügelt.

30. September 2009: In der Champions-League-Quali bescherte das Los ausgerechnet Heynes Klub Sibir Nowosibirsk. Mit zwei überzeugenden Siegen (7:0 und 4:1) kann der torhun-grige FCM seine Formkrise überzeugend beenden.

1. Oktober 2009: Trainer Linz stellt umgehend einen neuen 10-Jahres-Plan auf. Am selben Tag wird sein Vertrag um 10 Jahre verlängert.

2. Oktober 2009: Der "Würstchenkrieg" verschärft sich. Die UNO erwägt den Einsatz von Blauhelmen. Zwischen den verfeindeten Würst‘l-Ständen wird eine Waffenstillstandslinie gezogen.

5. Oktober 2009: Russland-Oligarch Roman Abramowitsch drängt seit Wochen, unbedingt im Magdeburger Stadion werben zu dürfen. "Am liebsten", so lässt der Chelsea-Eigentümer ausrichten, "direkt neben dem Bestattungsunternehmen Abendfriede."

7. Oktober 2009: Eines der FCM-Geheimnisse lautet: Lernen von anderen erfolgreichen Sport-Größen. Deshalb lädt der Club Handball-Trainer Michael Biegler ("Es geht hier gar nicht so sehr um mich") zu einem Gastvortrag ein. Thema: "Ambivalente Wechselbeziehungen zwischen Offense und Defense".

8. Oktober 2009: In China wird der 3000. FCM-Fan-Klub gegründet. Sein Name: Fer-Lirt Ni.

12. Oktober 2009: Präsident Rehboldt dementiert, dass er das Amt des Ministerpräsidenten anstrebt.

27. Oktober 2009: Anlässlich dessen zweiten Todestages erhält das Stadion den Namen "Heinz-Krügel-Kampfbahn". Manager Hofmann: "Das sind wir unserem Heinz schuldig. Wir pfeifen auf die Millionen für das Namenssponsoring."

20. Dezember 2009: Hendrik Großöhmichen wird in Baden-Baden zusammen mit Steffi Nerius zu Deutschlands "Sportler des Jahres" gewählt.

21. Dezember 2009: Die spanische Fußball-Zeitung "Marca" fragt besorgt: "Ist Großöhmichen heute schon besser als Messi?"

1. Januar 2010: Radovan Vujanovic gewinnt das Neujahrsspringen der Vierschanzentournee. Trainer Linz (lacht): "Des habbe isch immer scho g‘sagt: Meine Jungs sinn überall gutt."

5. Januar 2010: Der Club ver-kauft überraschend Radovan Vujanovic für 35 Millionen Euro an Roter Stern Belgrad. Der Serbe hat Heimweh. Mit einem Teil des Geldes will der FCM den Tunnelbau am Magdeburger Bahnhof unterstützen.

8. Januar 2010: Linz lässt beim Trainingsauftakt sofort verstärkt das Tunneln üben.

20. Januar 2010: In der Winterpause wird in den Medien die Stadiondiskussion erneut losgetreten. Stadtrat Bernd Heynemann meldet sich zu Wort: "Das Ding ist viel zu klein, das habe ich doch schon immer gesagt." Gemeinsam mit dem Landesrechnungshof fordert er eine Verdoppelung der Zuschauerkapazitäten.

3. März 2010: Im Viertelfinale der Champions League scheitert der FCM knapp (0:2, 2:1) am FC Barcelona. Das mit Spannung erwartete Mittelfeld-Duell Messi gegen Großöhmichen entscheidet der kleine Argentinier ("Was verdient man denn so hier in Magdeburg?") noch einmal für sich. Die Bäume wachsen eben (noch) nicht in den Himmel.

15. März 2010: Inter Mailand will Michael Richter als Sport-direktor. Der lehnt ab: "Ich suche in Magdeburg eine neue Herausforderung."

19. März 2010: Wayne Rooney wird in den frühen Morgenstunden im "M2" gesehen. Ein Anzeigenblatt fragt erstaunt: "Was will der denn hier?"

Jubelnde HFC-Fans bilden Spalier

8. Mai 2010: Der FCM wird durch ein 6:2 über Werder Bremen (Torschützen: je dreimal Braham und Vujanovic-Ersatz Eric Agyemang) vorzeitig deutscher Meister. Tausende HFC-Fans bilden vor dem Stadion ein Jubel-Spalier. Für das entscheidende Match lagen 250 000 Kartenbestellungen vor. Der Papst lädt die Spieler zu einer Privataudienz. Zeugwart Heiko Horner in Not: "Was ziehen wir da nur an?"

10. Mai 2010: Das neue FCM-Buch mit Co-Autor Paul Linz ist da. Zwei Kapitel sind seinem noch minderjährigen Sohn gewidmet. Linz junior soll spätestens in zwei Jahren die alles überragende Spielerpersönlichkeit bei den Blau-Weißen werden.

20. Mai 2010: Als Geste der Unterstützung für den neuen Hansa-Chef Bernd Hofmann leiht der FCM Simon Tüting zum Nulltarif an Rostock aus. Präsident Rehboldt: "Wir wollen da-ran nicht verdienen. Der Osten muss zusammenhalten."

28. Mai 2010: Durch die Auftritte in der Champions League hat der Club Einnahmen im zweistelligen Millionenbereich. Der FCM übernimmt einen Teil der griechischen Staatsschulden. Neu-Manager Rüdiger Bartsch: "Wir haben schließlich auch eine soziale Verantwortung."

2. Juni 2010: Genau drei Jahre nach dem phänomenalen Durchmarsch sieht der Entwurf des Bundesliga-Spielplans für die Saison 2010/11 zum Auftakt gleich einen Kracher vor: Meister FCM empfängt Aufsteiger St. Pauli. Dessen Präsident Hans-Dieter Schmidt, gerade aus Afrika zurück, kündigt an: "Der neue FCM der Liga, das sind wir!"