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Plattform und Experimentierfeld für eine schönere Stadt Kunst gegen Leerstand – Wer sind die Urbanpiraten?

Von Sina Magdanz und Guido Weidner 31.01.2011, 04:34

Mit viel Herzblut und Engagement, zunächst privat, nun offiziell, wollten Alexander Hanke und seine Mitstreiter Mila Pasko, Florian Sosnowski und Steffen Jany das Erscheinungsbild ihres Wohnortes verbessern. Die Urbanpiraten waren geboren – eine Plattform und Experimentierfeld für Menschen, die mit Kunst und Kultur ihre Stadt wiederbeleben wollen, die mit Eigeninitiative aktiv etwas gegen den Leerstand tun möchten.

Magdeburg. Ecke Ernst-Reuter-Allee, Breiter Weg: Seit Jahren steht hier ein Gebäude, das unter den Magdeburgern besser bekannt ist als der "Blaue Bock". Früher wohnten in diesem Gebäudekomplex zunächst Krankenschwestern, Polizisten und Professoren, später viele Familien.

Doch seit etlichen Jahren ist er ungenutzt geblieben. Bis eines Tages die Urbanpiraten den Blauen Bock entern wollten.

"Eigentlich gehört der Blaue Bock dem Immobilienverwalter Pirelli Real Estate, der Karstadt für Technik, Strom und Heizung beauftragte. Sie stellten uns das gesamte Gebäude für unser Projekt ,Galerie & Laden‘ kostenlos zur Verfügung", so Alexander Hanke, Mitglied des vierköpfigen Teams der Urbanpiraten.

Alexander Hanke ist gebürtiger Magdeburger und engagiert sich mit Begeisterung im kulturellen Sektor für seine Heimatstadt. Zusammen mit Mila Pasko, Florian Sosnowski und Steffen Jany brachte er vor ein paar Jahren nahezu in Stammtischmanier die Idee und Umsetzung der städtischen Freibeuter hervor – die Urbanpiraten.

Das sind in erster Linie junge Menschen, die kreativ und heimatverbunden sind. "Gestalter aus Magdeburg und anderen Städten, die es in die Welt verschlagen hat, setzen für eine kurze Weile die Segel, um einer Stadt zu geben, was sie zuvor genommen haben", so beschreiben die vier Begründer die Urbanpiraten.

Es sind junge, engagierte Künstler und Gestalter, "die mit uns ihre Kunst zeigen – ein ständig wechselndes Kollektiv", sagt Alexander.

Als selbstständiger Grafikdesigner hat er von Amnesty International bis hin zu mehreren Plattenlabels viele Klienten unter seinem Label "Zum Heimathafen" zu verzeichnen. Das halte ihn jedoch nicht davon ab, ehrenamtlich tätig zu sein und sich mit den Urbanpiraten für das oft als kulturarm titulierte Magdeburg einzusetzen, meint der Blondschopf mit dem Kopf voller kreativer Ideen. Die Motivation der vier Urbanpiraten erwächst aus ihrem Anspruch, aktiv auf Leerstand in den Städten und vor allem in Magdeburg hinzuweisen und diesen durch Innovation und Kunst wiederzubeleben.

Sie wollen Vertrauen und Wachstum schaffen, die Bewohner inspirieren und dadurch erreichen, dass diese Verantwortung für ihre Stadt übernehmen.

Am Beispiel des Projektes "Galerie & Laden", welches im Herbst 2010 unter dem Motto Piratopia 2010 im "Blauen Bock" stattfand, wird die Arbeit der Gewinner des Jugendkulturpreises Sachsen- Anhalt 2009 deutlich. Von außen heruntergekommen und unscheinbar, erwachte das Gebäude für vier Wochen im Innern zu neuem Leben.

Durch das mit Wandmalereien und vielen Pflanzen liebevoll verzierte Treppenhaus ging es hinauf in eine Welt kreativer Schaffenskraft.

Fotografien, Malereien, Gedichte schmückten die Wände der unrenovierten Räume. Lichtinstallationen aus vorrangig warmen Farben sorgten für eine wohnliche und gemütliche Atmosphäre.

Verschiedene Räume, verschiedene Mottos: So saß man in einem alten Kinosaal, stand in einer kleinen Boutique, einem Architektenbüro oder man befand sich am Tresen einer Bar und genoss sein kühles Getränk.

"Jeder, der möchte, kann seinen kreativen Ideen hier freien Lauf lassen und sich an der Gestaltung der Räume beteiligen", erzählt Alexander Hanke, begeistert von dem Ideenreichtum der Mitwirkenden.

Finanziert werden derartige Projekte einerseits durch das Geld, welches die Urbanpiraten mit den laufenden Veranstaltungen einnehmen. Andererseits werden sie durch öffentliche Fördermittel vom Kulturbüro Magdeburg unterstützt.

Das Geld, was sie im Zusammenhang mit dem Jugendkulturpreis gewannen, floss ebenfalls in die "Piratenkasse". Geld für Veranstaltungen rund um Musik, Theater und Film, wie man sie im Oktober für einen Monat in dem blauen, klotzigen Gebäude in Magdeburg Ecke Ernst-Reuter-Allee, Breiter Weg erleben konnte.

Infos im Internet über die Urbanpiraten gibt es unter

www.urbanpiraten.org

*Dieser Beitrag entstand im Rahmen eines von den Volksstimme-Redakteuren Philipp Hoffmann und Oliver Schlicht begleiteten Germanistik-Seminars an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.