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MVB und Stadt stellen Bürgern Bauprojekt für 2. Nord-Süd-Trasse vor / 40 Millionen Euro allein im Süden für bessere Straßenbahnanbindung / Pro und Kontra Quer nach Buckau: Bürgerstreit ums Mega-Gleis

Von Karl-Heinz Kaiser 07.04.2011, 04:29

Die MVB auf Info-Werbetour bei ihren künftigen Kunden: Am Dienstagabend stellte das Unternehmen die südlichen Abschnitte der 2. Nord-Süd-Straßenbahn-Verbindung in einer Bürgerversammlung vor. Bis 2019 soll die neue Nord-Süd-Trasse quer durch Magdeburg für 125 Millionen Euro fertig sein. Die südlichen Abschnitte schon viel früher. Ein Teil des Projektes ist umstritten.

Reform/Leipziger Straße. Dienstag, 18 Uhr, Saal des MVB-Hauptsitzes in der Guerickestraße. Veronika Rosenkranz von der Bürgerinitiative Wiener Straße zweifelt die Sinnhaftigkeit der Gleise durch ihre Straße an. Ihre Argumente reichen von Grün- und Platzeinschränkung bis hin zu Lärm. Ein Bedarf bestünde überhaupt nicht mehr. 150 Unterschriften habe sie gesammelt, alle seien dieser Meinung, sagte sie. Lauter Beifall signalisiert Zustimmung unter den 100 anwesenden Bürgern.

Minuten später brandet mindestens gleichlauter Beifall auf – diesmal für die gegenteilige Meinung. Lothar Tölle, Hecklinger Straße, sagt: Nein, er sei da ganz anderer Ansicht, sagte er. Er warte und freue sich auf die Straßenbahnanbindung. Und er kenne viele, die derselben Ansicht sind.

Zwei Welten trafen aufeinander – die der Befürworter der Straßenbahn und die der Skeptiker. Die Stadtverwaltung als Auftraggeber und die MVB hatten eine ganze Garde an Planungs- und Bauexperten aufgeboten, um den Anwohnern Informationen zu geben.

Vorgestellt wurden die Bauabschnitte Wiener Straße, Raiffeisen- und Warschauer Straße, Leipziger Straße/Chaussee über Bördepark bis ins Zentrum von Reform. Gesamtkosten: 40 Millionen Euro.

Roswitha Baumgart vom Stadtplanungsamt, Pitt Friedrichs und Lars Kersten von den MVB gehörten zu den am meisten befragten Akteuren – sowohl bei der Vorstellung der südlichen Trassen und ihrer technischen Daten (siehe Grafik) als auch bei der Beantwortung der Fragen.

Bedarf und Wirtschaftlichkeit seien nachgewiesen, erklärten sie. Anderenfalls würde der Bund die 125 Millionen Euro Kosten nicht zu 90 Prozent übernehmen, hieß es. Die komplette 2. Nord-Süd-Verbindung bringe den MVB 4850 neue Kunden pro Werktag, auf dem südlichen Abschnitt 3400 Fahrgäste. Konkrete Nutzungsberechnung einschließlich Netzumstrukturierung lägen sowohl für die Wiener Straße als auch für die Raiffeisen- und Warschauer Straße vor. Jürgen Hollerbuhl, Gegner der Trasse, hatte hinterfragt.

Die Wiener Straße bekommt Rasengleis zur Schallreduzierung für die vergleichsweise leisen Niederflurbahnen. Das basiere auf Festlegungen innerhalb der Gutachten. Für die Milchstraße sei – den Richtlinen entsprechend – dagegen Schottergleis empfohlen worden. In vielen Städten gebe es eine Renaissance der Straßenbahn, begegnete Roswitha Baumgart Bürgerhinweisen, doch lieber auf Busse zu setzen. Bahnen hätten viel mehr Fassungsvermögen, die Haltestellen können barrierefrei gestaltet werden. Der CO2-Ausstoß sei so kein Thema.

Als aus der Luft gegriffen hielt ein Anwesender die Zahlen für die Querverbindung Leipziger, Wiener, Raiffeisen- und Warschauer Straße bis nach Buckau. Die Industrie sei doch weg, was eine derartige Verbinding rechtfertige. Auch der anwesende Grünenstadtrat Alfred Westphal äußerte Zweifel. Roswitha Baumgart dazu: Der Anteil der Autos am Gesamtverkehr liege in Magdeburg bei über 50 Prozent. Viel zu viel, auch hinsichtlich des CO2-Ausstoßes. Und wenn kein ÖPNV-Angebot geschaffen werde, ändere sich nichts. Dies sei eine Entscheidung für die gesamte Infrastruktur.

Helfried Kühne meinte dagegen, dass der Elektroantrieb wohl auch bald in Bussen Einzug halten würde, ein anderer erinnerte an O-Busse. Während eine ältere Dame sehr wohl die Elektrische möchte, ärgert sie sich über die häufige Umbenennung von Linien. Manfred Ackermann aus der Cochstedter Straße wünschte sich die Bahn so schnell wie möglich. Manfred Ziepel von der Wobau (zuständig auch für die Wiener Straße) sagte, es gebe von den Mietern keine geballten ablehnenden Signale. Und wieso haben dann so viele bei uns unterschrieben?, warf Veronika Rosenkranz in die Debatte.

Zum Streitfall wurde auch die Eisenbahnbrücke Buckauer Bahnhof. Auch Walter Felmer meinte, da käme die Straßenbahn nicht durch. MVB-Experten und Bauplaner äußerten sich höchst optimistisch. Allerdings: Derzeit lägen die exakten Ergebnisse der Vorplanung nicht vor, hieß es. Fakt sei, durch Marego kann der Buckauer Bahnhof als zusätzlicher Zusteigepunkt genutzt werden, hieß es.

Zufriedenheit und Missstimmung wechselten bei den Besuchern. Nach über 2-stündiger Diskussion wurden viele, aber nicht alle Fragen beantwortet. Stadt und MVB stünden zur Verfügung. Gleichfalls habe der Informationscontainer am Planetenweg geöffnet, hieß es abschließend.