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Kreishandwerkerschaft Elbe-Börde zu Arbeitnehmer-Freizügigkeit / Verhandlungen zu Umweltzone Spargelstecher, Mindestlohn und starke Innungs-Vertretungen

10.05.2011, 04:29

Vor gut einem Jahr haben sich die Kreishandwerkerschaften von Magdeburg, Jerichower Land und Schönebeck zur Kreishandwerkerschaft Elbe-Börde zusammengeschlossen. Volksstimme-Redakteur Karl-Heinz Kaiser sprach mit Geschäftsführer Frank Rüdrich über einige aktuelle Themen und über die Perspektive.

Volksstimme: Zuerst das übergreifende aktuelle Thema:Dieser Tage steht das Arbeitnehmerfreizügigkeitsgesetz im Brennpunkt vieler Debatten. Wie steht die Kreishandwerkerschaft Elbe-Börde dazu?

Frank Rüdrich: Generell aufgeschlossen. Und wir gehören nicht zu denen, die den Teufel an die Wand malen. Wenngleich neben den Vor- auch Nachteile durchaus im Bereich des Möglichen liegen.

Volksstimme: Und wo sehen Sie diese Vor- und Nachteile?

Frank Rüdrich: Zu den Vorteilen wird gehören, dass der Fachkräftemangel durch die Freizügigkeit etwas gelindert wird. Darunter stöhnen derzeit ja auch viele Handwerksbetriebe. Ich denke da zum Beispiel an Dachdecker. Der freie Zugang zum Arbeitsmarkt auch durch Osteuropa könnte einen Schritt nach vorn bedeuten.

Volksstimme: Das zum optimistischen Teil. Und die Kehrseite der Medaille?

Frank Rüdrich: Die wird sich nach unseren Erfahrungen in Sachsen-Anhalt in Grenzen halten. Wir rechnen nicht mit einer Welle von hunderttausenden Arbeitssuchenden bzw. Firmen, die zur übermächtigen Billig-Konkurrenz werden. Wir hier, einschließlich Magdeburg, gelten nicht als Hochlohnland und sind nicht vergleichbar u. a. mit Niedersachsen. Schon gar nicht mit England oder Dänemark, wo 15 Euro Mindestlohn alltäglich sind. Die Spargelproduzenten haben ja schon Probleme. Immer weniger Menschen aus dem Nachbarland Polen kommen zum Spargelstechen, auch Hohenseeden oder Parchen sind betroffen.

Volksstimme: Also werden für das Handwerk keine Konkurrenzprobleme erwartet?

Frank Rüdrich: Nun gut, die neue Regelung ist neun Tage alt. Sicher könnte es problematisch werden, wenn ganze Firmen sich um Aufträge bewerben und Preisdumping betreiben. Das ist derzeit rein theoretisch gemeint. In solchen Fällen müsste die Politik Lösungen anbieten.

Volksstimme: Und die wären?

Frank Rüdrich: Und das Handwerk bleibt dabei, dass Mindestlöhne eingeführt werden sollten, und zwar flächendeckend. 7 bis 8 Euro wäre so ein vorstellbares Mindestmaß.

Volksstimme: Mindeslöhne gibt es in einer Branche, die von Ihrer Kreishandwerkerschaft besonders stark vertreten ist.

Frank Rüdrich: Ja, das sind die Gebäudereiniger. Hier ist das durchgesetzt worden.

Volksstimme: Die Kreishandwerkerschaft Magdeburg hat im vorigen Jahr fusioniert - mit Schönebeck und Jerichower Land. Wie weit ist der Prozess vorangekommen?

Frank Rüdrich: Den Fusionsvertrag gibt es, und wir streben Erweiterungen an. Zum 1. Januar 2012 sollen auch die Kreishandwerkerschaften Haldensleben und Oschersleben zu uns stoßen. Die Verhandlungen sind fortgeschritten. Damit sind wir starke Handwerkervertretungen rund um Magdeburg mit der Landeshauptstadt im Zentrum. Geschäftsstellen vor Ort als kurzer Anlaufpunkt für die örtlichen Handwerker bleiben bestehen.

Volksstimme: Was stellen die Kreishandwerkerschaften dar?

Frank Rüdrich: Ich sage immer, sie sind das Rathaus für das Handwerk. Wir sind Zusammenschlüsse aller Handwerkerinnungen, in unserem Fall 42.

Volksstimme: Welche Ziele verfolgt diese Organisationsform?

Frank Rüdrich: Im Zusammenschluss artikulieren wir uns politisch wie wirtschaftlich, vertreten die Interessen der Betriebe. Auch die eigene Nachwuchsausbildung gehört dazu.

Volksstimme: Zum Problemkreis Interessenvertretung – worum geht es da zurzeit in Magdeburg?

Frank Rüdrich: Gegenwärtig läuft die Vorbereitung der Umweltzone in der Innenstadt auf Hochtouren. Wir nehmen an den Beratungen teil, damit unsere Firmen dadurch nicht in Schwierigkeiten geraten. Verhandelt wird u. a. über Ausnahmegenehmigungen und über annehmbare Gebühren.