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Edelreservist Schöps stärkt Volleyballer bei WM

20.09.2014, 09:02

Kattowitz Kurz bevor die Stammspieler der deutschen Volleyballer bei dieser Weltmeisterschaft das Spielfeld betreten, gibt es vom Kapitän noch einen freundlichen Klaps oder ein paar aufmunternde Worte.

Spielführer Jochen Schöps muss nämlich die meiste Zeit hinter dem Spielfeld zuschauen, wenn seine Teamkollegen um die erste deutsche Medaille seit 44 Jahren kämpfen. Trotzdem bezeichnete ihn nicht nur Bundestrainer Vital Heynen vor dem WM-Halbfinale gegen Gastgeber Polen am Samstagabend als "wichtigsten Spieler" im 14-köpfigen Kader bei diesen Titelkämpfen.

"Er ist der kompletteste Spieler in meiner Mannschaft. Er ist in jedem Spielbereich top, hilft den Betreuern weiter und ist für das Klima in der Mannschaft der vielleicht wichtigste Spieler", lobt der Chefcoach. Aber warum spielt Schöps dann so selten? Weil er das Pech hat, auf der Diagonalposition im Angriff mit Superstar Georg Grozer zu konkurrieren, der nicht nur von Verbandschef Thomas Krohne als "einer der drei besten Volleyballer der Welt" bezeichnet wird.

Andere Spieler von Topformat würden sich unter diesen Voraussetzungen vielleicht frustriert aus dem Nationalteam verabschieden, doch Schöps hat seine Rolle angenommen. Der Routinier im Team, der am 8. Oktober 31 Jahre alt wird, gibt nach dem Spiel auf der Pressekonferenz die treffenden Analysen für die Presse. In der deutschen Mannschaft ist er der Ansprechpartner für die jüngeren Spieler. Für jeden hat er ein freundliches Wort, er ist das Herz des Teams. "Jochen ist der friedlichste und ehrlichste Mensch, den ich in meiner Volleyball-Karriere getroffen habe", schwärmt Grozer von seinem Kumpel: "Und er ist einer der besten Diagonalspieler der Welt."

Das hat Schöps bei dieser WM regelmäßig bewiesen. Im Schlüsselspiel in der ersten Runde gegen Finnland kam er im vorentscheidenden dritten Satz für den schwächelnden Grozer in die Mannschaft, hielt das Team mit seinen Punkten bis zum 25:24 im Spiel. Dann kam Grozer zum Aufschlag ins Feld und entschied den Durchgang mit einem Hammer-Ass für Deutschland.

Auch am Einzug ins Halbfinale beim 3:0 gegen den Iran hatte Schöps großen Anteil. Nachdem Kumpel Grozer mit einer unglaublichen Aufschlagserie ein 9:12 in ein 18:12 verwandelt hatte, wurde wenig später der Edelreservist für den Aufschlag eingewechselt. Schöps entschied mit drei Aufschlagwinnern das Match.

"Ich versuche, der Mannschaft in jeder Situation zu helfen. Uns schweißt das gemeinsame Ziel Medaille zusammen", sagt Schöps. Im normalen Leben im Club sei das Konkurrenzdenken größer. Doch auch hier ist er eine Art Schatten von Georg Grozer. Als "Hammerschorsch" 2012 den polnischen Topverein Rzeszow mit dem Meistertitel im Gepäck Richtung Russland verließ, wurde Schöps als Ersatz verpflichtet. Er führte das Team prompt zur Titelverteidigung.

Der Mann aus Villingen-Schwenningen, der in seiner erfolgreichen Karriere auch schon die Champions League mit dem VfB Friedrichshafen gewonnen hat, ist bei den Fans im WM-Gastgeberland Polen überaus beliebt. "Das wird aber leider nicht dazu führen, dass uns die 12 500 Fans im Halbfinale zujubeln", hatte Schöps mit Blick auf dieses so wichtige Duell am Samstagabend erklärt: "Das wird richtig krass, ein einmaliges Erlebnis, Gänsehaut pur für alle."

Umso spezieller wäre es, genau in Polen die erste deutsche WM-Medaille seit Gold für die DDR 1970 zu holen: "Die Stimmung hier ist unglaublich. Genau hier eine Medaille zu holen, wäre das Größte. Eine Medaille würde mir alles bedeuten."