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Mietpreisbremse Wie Wohnungssuchende ihre Rechte durchsetzen

Die Mietpreisbremse soll den Anstieg der Mieten vor allem in Ballungsräumen verhindern. Doch wie kommen Mieter an die Informationen, ob sie zuviel bezahlen? Und was können sie dann dagegen tun? Informieren, nachfragen und rügen lautet die Antwort.

Von Monika Hillemacher, dpa 20.02.2017, 03:42

Berlin (dpa/tmn) – Seit mehr als einem Jahr gilt in vielen Regionen Deutschlands die Mietpreisbremse. Sie soll in Gegenden mit knappen Wohnraum verhindern, dass Vermieter beim Mieterwechsel kräftig die Miete erhöhen. Das Gesetz ist am 1. Juni 2015 in Kraft getreten.

Die Mietpreisbremse begrenzt den Mietzins, der maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Die Wirkung der Regelung ist heftig umstritten. Unabhängig davon stehen Mieter im Alltag vor der Frage: Was tun, wenn sich Vermieter nicht an die gesetzliche Vorgabe halten?

Im ersten Schritt sollten sie prüfen, ob sie zuviel Miete bezahlen. Die Messlatte dafür ist zunächst die ortsübliche Vergleichsmiete. Sie steht im Mietspiegel der jeweiligen Kommunen. Doch nur wenige Städte und Gemeinden erstellen einen solchen Mietspiegel. "Gibt es keinen, muss der Mieter entweder Vergleichswohnungen oder ein Sachverständigengutachten heranziehen", sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Er räumt jedoch ein: "Das ist ziemlich theoretisch." Zumal es bisher nur wenige Gerichtsurteile zur Mietpreisbremse gibt.

Statt den Mietspiegel, Vergleichswohnungen oder Sachverständige heranzuziehen, ist es einfacher den Eigentümer direkt zu fragen. "Der Mieter hat einen Auskunftsanspruch", erläutert Beate Heilmann von der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV). Der Anspruch gilt, "wenn allgemein zugängliche Quellen wie der Mietspiegel nicht zur Verfügung stehen".

Der Vermieter muss die Angaben zur Zulässigkeit der Miete in Textform liefern. Belege kommen erst auf den Tisch, wenn der Eigentümer Angaben verweigert und der Mieter ihn deswegen verklagt, erläutert Inka-Marie Storm vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland.

Mieter sollten nach der vorherigen Miete fragen. Auf dieser Basis können sie – falls andere Möglichkeiten fehlen – ausrechnen, ob die neue Miete stimmt: Mehr als zehn Prozent Zuschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete verstoßen im Prinzip gegen die Mietpreisbremse.

Dann kann der Mieter die Höhe der Miete rügen, das Absenken auf das ortsübliche Niveau verlangen und zuviel bezahltes Geld zurückfordern. So hat es das Amtsgericht Neukölln in Berlin entschieden (Az.: 11 C 414/15). Geklagt hatte ein Mieter, der monatlich 9,40 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter zahlen sollte. Die Vormieterin hatte 5,49 Euro gezahlt. Das Gericht entschied: 6,60 Euro sind die Höchstmarke. Der Mieter erhielt die zu viel kassierten Zahlungen zurück.

Mieter sollten schnell reagieren. "Die Rückforderung gilt erst ab Zeitpunkt der Rüge", sagt Heilmann. Möglich ist das schriftlich per Brief, Mail oder Fax - kombiniert mit einer Erklärungsfrist für den Vermieter. Heilmann rät davon ab, einfach die Miete zu kürzen. Denn dann riskierten Mieter die Kündigung wegen Zahlungsrückstands.

Die Mietpreisbremse kennt zahlreiche Ausnahmen, die einen höheren Mietzins rechtfertigen können: Dazu gehören die Vermietung von Neubauwohnungen sowie eine Modernisierung zwischen dem Mieterwechsel, informiert Ropertz. Auch wenn die Modernisierung länger her ist und der Vermieter die Kosten dem alten Mieter nicht oder nur gering berechnet hat, darf der Eigentümer vom Nachfolger den vollen Zuschlag dafür nehmen. Laut Gesetzgeber muss die Maßnahme aber in den letzten drei Jahren vor Neuvermietung erfolgt sein.

Noch eine Ausnahme: Eine bereits im früheren Mietverhältnis vereinbarte Miete, die über der Preisgrenze liegt. Dann haben neue Bewohner kaum Chancen auf eine günstigere Miete, da Bestandsschutz gilt. "Der Vermieter darf sich die Höhe erhalten", sagt Heilmann. Sie kennt einen Vermieter-Trick: Schnell mit dem alten Mieter per Scheinvertrag eine höhere Miete vereinbaren. Und dieses Papier dem Nachfolger präsentieren.

Heilmann rät Wohnungsinteressenten, im Vormietervertrag auf die zuletzt gültige Mieterhöhung zu achten. Diese müsste länger als ein Jahr vor der Neuvermietung geschehen sein. Geht die Sache vor Gericht, werden Beweise wie Kontoauszüge des Eigentümers herangezogen.

Die meisten Wohnungssuchenden scheuen aber die Frage nach der Vormietermiete oder der Mietpreisbremse - aus Angst im Bewerberfeld aussortiert zu werden. Clever und erlaubt ist es, die heiklen Fragen erst nach dem Einzug zu stellen. Dann greift das Auskunftsrecht. Der Vermieter darf dann laut Ropertz auch nicht kündigen. Einer Rüge steht laut Heilmann nicht im Wege, dass Interessenten den Vertrag unterschrieben haben - mit dem Wissen, dass die Miete zu hoch ist.

Bundesjustizministerium: Mietpreisbremse