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Volksleiden Rückenschmerzen - Experten kritisieren Operationen

17.06.2014, 13:17

Berlin - Wenn der Rücken schmerzt, kann der Arzt oft keine schnelle Hilfe bieten. Patienten kommen reihenweise unters Messer. Die Techniker Krankenkasse plädiert für sanftere Therapien.

Rückenschmerzen zwingen Arbeitnehmer zu Hunderttausenden aufs Krankenlager - viele werden unnötig operiert. Nach dem am Dienstag (17. Juni) in Berlin veröffentlichten
Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK) geht fast jeder zehnte Fehltag bei Beschäftigten in Deutschland auf Rückenleiden zurück. Nach Ansicht der Kasse wird aber viel zu oft chirurgisch eingegriffen - eine sanftere Schmerztherapie hilft laut ihren Experten meist besser.


Rückenbeschwerden kommen laut TK-Chef Jens Baas vor allem bei Arbeitnehmern mit schweren körperlichen Jobs etwa auf dem Bau oder in der Pflege vor - aber auch bei Kraftfahrern wegen oft belastender Körperhaltung oder Arbeitslosen wegen des psychischen Drucks, dem sie ausgesetzt sind. "Was sicher ist, dass es einen Zusammenhang zwischen Stress, psychologischen Belastungen und Rücken gibt", sagte Baas.

Oft kämen die Patienten dann immer wieder zum Arzt, weil die Schmerzen nicht besser werden. Er verstehe, wenn Patient und Arzt sich dann schnell zu einer Operation entschlössen, sagte Baas. Dies sei aber oft eine Fehlentscheidung.

Der Schmerztherapeut Thomas Nolte warnte auch vor zu zügigen Versuchen, durch bildgebende Verfahren die Ursache von Rückenschmerzen herauszufinden. "Durch Diagnostik wird häufig eine Fehlentwicklung einleitet", sagte er. Denn oft würden die Schmerzen durch Probleme in den Muskeln ausgelöst, die etwa durch Röntgenbilder gar nicht erkennbar seien. So würden viele Versicherte an den Bandscheiben operiert, wenn auf den Bildern hier Probleme festgestellt werden. Die Patienten hätten danach oft aber immer noch dieselben Schmerzen - die Bandscheiben seien oft gar nicht die eigentliche Ursache der Schmerzen.

Nolte riet stattdessen zu einer Schmerztherapie mit Physiotherapeuten und Psychologen. Die Ergebnisse sprächen für sich: Vier Fünftel der Patienten, die länger als sechs Wochen Rückenschmerzen haben und diesen sanfteren Weg einschlagen, könnten nach rund einem Monat ins Alltagsleben zurückkehren. Solche Werte erreichten Operationen nicht. Baas bestritt, dass sich die TK vor allem aus Kostengründen für diese Alternativen zur OP einsetze. Entscheidend sei, dass den Patienten so besser geholfen werde.

Im Schnitt waren die bei der Kasse versicherten Arbeitnehmer und Arbeitslosen im vergangenen Jahr 1,4 Tage wegen Rückenbeschwerden arbeitsunfähig - auf die Gesamtbevölkerung hochrechnet seien dies 40 Millionen Fehltage bundesweit. Mit im Schnitt 17,5 Tagen dauere eine Krankschreibung wegen Rückenleiden fünf Tage länger als eine durchschnittliche krankheitsbedingte Fehlzeit.

Für einen Betrieb mit 60 Beschäftigten bedeutet das laut TK, dass jedes Jahr fünf Mitarbeiter zweieinhalb Wochen deshalb ausfallen. Mit dem Alter nehmen die Rückenbeschwerden stark zu.

Meist kämen verschiedene Ursachen zusammen, etwa Bewegungsmangel, einseitige Belastung und Stress. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der TK haben drei von vier Beschäftigten mit viel Stress auch Rückenbeschwerden.