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Zwillinge im Bauch: Expertin sieht Unsicherheit bei Ärzten

12.03.2015, 15:17

Düsseldorf - Zwillingsschwangerschaften haben - bedingt auch durch künstliche Befruchtung - in den vergangenen Jahren zugenommen und sind nicht ohne Risiko für Mutter und Kind. Darauf hat die Vize-Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Professorin Birgit Seelbach-Göbel, hingewiesen. Bei Ärzten gebe es mitunter Unsicherheiten, wie eine optimale Betreuung einer Mehrlingsschwangerschaft ablaufen müsse.

Wie oft kommen Zwillinge vor - oder auch Drillinge?


Birgit Seelbach-Göbel: Höhergradige Mehrlinge muss man als ein Versagen der Reproduktionsmedizin insofern ansehen, dass früher zu viele Embryonen auf einmal eingesetzt worden sind. Heute haben sich die Mediziner darauf geeinigt, maximal zwei, am besten aber nur einen einzusetzen. Bei Drillingen und aufwärts handelt es sich um Hochrisikoschwangerschaften. (...) Zwillingsgeburten haben zugenommen. Auf 1000 Neugeborene kommen heute statistisch 35,5 Mehrlingskinder. 1985 waren es erst 21 - und das hat auch mit künstlicher Befruchtung zu tun.

Kann es auch bei Zwillingen riskant sein?


Seelbach-Göbel: Das sind immer Risikoschwangerschaften. Für die Mutter ist das Risiko gegenüber einer Einlingsschwangerschaft erhöht. Und für die Kinder besteht die Gefahr einer Fehlgeburt und einer Frühgeburt allein schon wegen Platzproblemen, aber auch die Gefahr einer kindlichen Wachstumsverzögerung (...).

Dann ist Kontrolle extrem wichtig?


Seelbach-Göbel: Die Ultraschalldiagnostik spielt eine entscheidende Rolle heutzutage. Schon am Anfang, um festzustellen, ob sich die Kinder eine Plazenta teilen oder ob jeder seine Fruchthöhle mit einer eigenen Plazenta hat, was bei etwa 80 Prozent der Fall ist und weniger Risiko bedeutet. Wenn sich aber zwei Kinder eine Plazenta und vielleicht sogar die Fruchthöhle teilen, kann es sein, dass eine Gefäßverbindung zwischen den Zwillingen besteht und der eine sich auf Kosten des anderen ernährt.

Wie kann man das erkennen?


Seelbach-Göbel: Der eine wird besonders groß, der andere bleibt zurück und ist mickrig. Der eine hat viel Fruchtwasser, der andere wenig oder keines. Wenn sich beide Kinder eine Plazenta teilen, ist das eine gefährliche Situation, die man spätestens bis zur 14. Schwangerschaftswoche feststellen sollte. Wenn man das sieht, muss ganz engmaschig betreut werden, um zu sehen, ob eines der Kinder unterversorgt ist und das andere zuviel abbekommt. Es könnten einer oder auch beide sterben (...).

Wie beugt man solchen seltenen Extremfällen vor?


Seelbach-Göbel: Es gibt heute Therapieoptionen: An wenigen spezialisierten Zentren können in der Gebärmutter Gefäßverbindungen mittels Laser durchtrennt werden. Alternativ kann man das vermehrte Fruchtwasser ablassen. Allerdings werden gerade die frühen Anzeichen oft nicht erkannt. Je früher der Frauenarzt die Anzeichen erkennt, umso erfolgreicher sind die Therapieaussichten.

Wohin also gehen als werdende Zwillingsmutter?


Seelbach-Göbel: Spezialisierte Kliniken wissen am besten, wie man eine solche Schwangerschaft optimal überwacht. Es sind Maßnahmen wie regelmäßige Wachstumskontollen und Dopplersonografien nötig. Das ist sehr aufwändig, denn man muss ja jeden einzelnen Mehrling immer wieder mit Ultraschall messen. Dafür haben niedergelassene Frauenärzte und auch manche Kliniken nicht die Ausrüstung. (...) Bei der Geburt ist das Know-how der Ärzte und Hebammen entscheidend. Bei der normalen Geburt ist in den letzten Jahrzehnten leider einiges Wissen verloren gegangen und muss dringend wieder erlernt werden.