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Der Online-Handel will schneller werden

27.05.2014, 14:22
Noch bieten wenige Online-Händler eine Warenlieferung am Bestelltag an. Doch das soll sich bald ändern. Foto: Jens Büttner
Noch bieten wenige Online-Händler eine Warenlieferung am Bestelltag an. Doch das soll sich bald ändern. Foto: Jens Büttner dpa-Zentralbild

Düsseldorf - Die Warenzustellung noch am Tag der Bestellung gilt für viele Online-Händler als das nächste große Ding im eCommerce. Doch die Sparsamkeit der Deutschen könnte ihnen einen Strich durch die Rechnung machen.

Das Einkaufen im Internet ist bequem, doch es hat einen großen Nachteil. In der Regel dauert es einen Tag oder länger, bis der Käufer die bestellten Produkte in Händen hält. Das könnte sich bald ändern. Die Warenzustellung noch am Tag der Bestellung gilt vielen Internethändlern inzwischen als das nächste große Ding im eCommerce. Die Unternehmensberatung McKinsey prognostiziert in einer aktuellen Studie, dass der Markt dafür bis 2020 regelrecht explodieren wird.

Noch ist die Zahl solcher Express-Angebot allerdings überschaubar. Nach einer aktuellen Studie des auf den Online-Handel spezialisierten Kölner Forschungsinstituts ECC bieten zur Zeit nicht einmal 3 Prozent der Händler die sogenannte "Same-day Delivery" an. Doch mehr als ein Drittel spiele mit dem Gedanken, sie einzuführen.

Und unter den Vorreitern sind einige große Namen. Marktführer Amazon etwa bietet Kunden in ausgewählten Städten schon seit einiger Zeit den "Evening Express". Wer am Vormittag früh genug bestellt, kann noch am selben Abend die Ware geliefert bekommen. Auch Deutschlands größte Elektronikketten Media und Saturn, offerieren seit Mitte Mai in sieben Städten versuchsweise die Lieferung online-bestellter Produkte innerhalb von nur drei Stunden. Bis zum Jahresende soll das Angebot in weiteren 18 Ballungszentren an den Start gehen.

Und in München macht das Traditionsunternehmen Loden Frey vor, dass auch kleinere Spieler beim schnellen Lieferservice dabei sein können. Allerdings ist der Service nicht umsonst: Zwischen 9,90 Euro und 13 Euro Aufschlag kassieren die Unternehmen für die Expresslieferung.

"Sehr viele Händler erhoffen sich davon Wettbewerbsvorteile", erklärt ECC-Geschäftsführer Kai Hudetz den Trend. Dennoch beurteilt der Branchenkenner die Wachstumsaussichten eher vorsichtig. "Auf der Konsumentenseite ist der Bedarf bislang gar nicht so groß." Für die Verbraucher sei im Moment Verlässlichkeit und Bequemlichkeit eigentlich von größerer Bedeutung als Geschwindigkeit. "Für die meisten von ihnen wäre es wichtiger, ein für sie passendes Zeitfenster wählen zu können, in dem die Ware geliefert wird. Dann müssten sie nicht mehr hinter dem Nachbarn herrennen oder das Paket bei der Post abholen", fasst Hudetz seine Eindrücke zusammen.

Die Unternehmensberatung McKinsey glaubt dennoch an den Siegeszug der tagesgleichen Zustellung. "Wenn der Nachteil der Lieferzeit wegfällt, kann Online-Shopping seine Stärken in Form von größerer Auswahl und oft niedrigeren Preisen perfekt ausspielen", betont McKinsey-Experte Jan Krause. Dies könne die Position von Online-Shops gegenüber der stationären Konkurrenz weiter verbessern.

Düstere Zukunftsaussichten also für den stationären Einzelhandel? Nicht unbedingt. Gerrit Heinemann, der Leiter des eWeb Research Centers der Hochschule Niederrhein, glaubt sogar, die Händler vor Ort könnten gerade bei Express-Lieferungen ihren Heimvorteil gegen die Online-Händler ausspielen. Denn die Warenzusendung am selben Tag zu organisieren, ist selbst für Branchengrößen wie Amazon abseits der großen Städte eine kaum zu überwindende Herausforderung.

"Das wäre eigentlich eine Steilvorlage für die Händler vor Ort, die im Moment über die Konkurrenz aus dem Internet jammern. Sie könnten sich organisieren und sagen, wir besetzen die letzte Meile vor Ort. Wir sind mit unseren Lieferungen schneller als Amazon und lassen uns nicht länger vorführen", sagt Heinemann.

Der Handelsexperte sieht allerdings noch ein großes Hindernis für einen durchschlagenden Erfolg der Expressdienste: Die Sparsamkeit der Bundesbürger. "Die meisten Deutschen sind beim Einkauf noch immer sehr preisorientiert. Dass sie bereit sind, für eine Lieferung am selben Tag viel zu zahlen, glaube ich vorerst nicht." Tatsächlich sagten bei einer Umfrage des Forschungsinstituts ibi Research der Universität Regensburg nur rund ein Viertel der befragten Kunden, sie seien bereit, für einen solchen Express-Service einen Aufpreis zu zahlen. Mehr als die Hälfte würde die taggleiche Zustellung nur nutzen, wenn sie kostenlos ist. Jeder Fünfte nicht einmal dann.