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Diskriminierung oder nicht? EuGH: Kopftuch-Verbot im Job kann rechtens sein

Mit dem Kopftuch ins Büro? Manchen Musliminnen ist das wichtig. Dennoch kann ihr Arbeitgeber das Tuch verbieten. Die obersten Richter der EU erklären, unter welchen Umständen.

14.03.2017, 10:10

Luxemburg (dpa) - Arbeitgeber dürfen Kopftücher am Arbeitsplatz laut Europäischem Gerichtshof verbieten. Voraussetzung ist aber, dass weltanschauliche Zeichen im Unternehmen generell verboten sind und dass es gute Gründe gibt.

Allein der Wunsch eines Kunden, dass keine Frau mit Kopftuch für ihn Leistungen erbringt, genügt nicht für ein Verbot. Das entschied der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (Rechtssachen C-157/15 und C-188/15).

In Deutschland sind Kopftücher am Arbeitsplatz im Prinzip erlaubt, Einschränkungen sind aber möglich - es ist am Ende Abwägungssache. Bei der Beurteilung müssen sich deutsche Gerichte künftig an die Klarstellungen des EuGH halten.

So entschied das Bundesarbeitsgericht 2002, einer Kaufhausverkäuferin habe wegen Tragens eines islamischen Kopftuchs nicht gekündigt werden dürfen. Das Bundesarbeitsgericht urteilte 2014 aber auch, dass kirchliche Arbeitgeber das Tragen des muslimischen Kopftuchs im Dienst in der Regel verbieten dürfen.

Anlass der aktuellen EuGH-Urteile sind Klagen muslimischer Frauen. In Belgien war der Rezeptionistin Samira A. nach drei Jahren Arbeit in einem Sicherheitsunternehmen entlassen worden. Zuvor hatte sie angekündigt, das Kopftuch künftig auch während der Arbeitszeit tragen zu wollen. Das widersprach jedoch der internen Arbeitsordnung, die sichtbare Zeichen von "politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen" nicht erlaubte.

Unter diesen Umständen stelle ein Kopftuchverbot keine unmittelbare Diskriminierung dar, erklärten die Luxemburger Richter. Allerdings könne es um "mittelbare Diskriminierung" gehen, also eine Regelung, die Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung besonders benachteiligt. Dies könne jedoch gerechtfertigt sein, etwa um politische, philosophische oder religiöse Neutralität gegenüber Kunden zu wahren. Relevant sei auch, ob die Regelung nur Angestellte mit Kundenkontakt betreffe.

Etwas unklarer ist der Fall aus Frankreich. Asma B. verlor ihren Job als Software-Designerin bei einem Unternehmen, nachdem ein Kunde sich beschwert hatte, weil sie mit Kopftuch arbeitete. Hier sei unter anderem nicht klar, ob das Tragen des Tuchs gegen unternehmensinterne Regelungen verstoße, so die Richter. Das Verbot sei hingegen nicht gerechtfertigt, wenn es allein aus dem Willen des Arbeitgebers entstehe, den Wünschen eines Kunden zu entsprechen, der seine Leistungen nicht von einer Frau mit Kopftuch erbringen lassen wolle.

Die konkreten Einzelfälle von Samira A. und Asma B. müssen nun Gerichte in Belgien und Frankreich nach Maßgabe der Luxemburger Richter entscheiden.

Europäische Menschenrechtskonvention

EU-Verträge

EU-Grundrechtecharta

Informationen des EuGH zum belgischen Fall

Allgemeines Gleichbehandlungs-Gesetz