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Schluss mit dem Heimweh Fremd in der Uni-Stadt: Wenn Studenten sich nicht einleben

Das erste Semester ist für viele Studienanfänger gerade vorbei. Und längst nicht alle sind in der Uni-Stadt richtig angekommen. Zu groß ist das Heimweh. Wie werden Studenten in der neuen Stadt endlich heimisch? Und wann ist es Zeit, die Zelte abzubrechen?

Von Elena Zelle, dpa 27.03.2017, 04:00
Wer Heimweh hat, ist häufig niedergeschlagen. Statt die alten Freunde in der Heimat zu vermissen, sollte man der neuen Umgebung eine Chance geben. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa-tmn
Wer Heimweh hat, ist häufig niedergeschlagen. Statt die alten Freunde in der Heimat zu vermissen, sollte man der neuen Umgebung eine Chance geben. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa-tmn dpa-Zentralbild

Oldenburg/München (dpa/tmn) - Vom einen Ende der Republik ans andere oder nur in die nächstgelegene Uni-Stadt ziehen: Studieren bedeutet meist, ein ganz neues Leben fernab der Heimat zu beginnen. Endlich machen, was man will, endlich alleine leben.

Manch einer fühlt sich aber auch genau so: allein. Bei den Eltern ausziehen, Freunde zurücklassen, Hobbys aufgeben - das ist keine Kleinigkeit. Viele sehnen sich nach ihrem Zuhause und haben auch nach dem ersten Semester nicht das Gefühl, heimisch zu sein. Das ist nicht ungewöhnlich - und man kann beim Einleben nachhelfen, sagen Experten.

"Wenn es sich nach einem Semester nicht so heimisch und vertraut anfühlt wie vorher zu Hause, ist das erwartbar und nicht bedenklich", sagt der Diplom-Psychologe Wilfried Schumann vom Psychologischen Beratungsservice von Universität und Studentenwerk Oldenburg. Hinnehmen und verdrängen sollte man das Heimweh nicht, dann wird es nur schlimmer. Gerade wenn Studenten die alten Freunde besonders stark vermissen, versuchen sie am besten alles, um in der neuen Stadt heimisch zu werden.

Dabei ist der erste Impuls meist ein anderer, weiß die Diplom-Psychologin und Autorin Marion Sonnenmoser, die einen Ratgeber zum Thema geschrieben hat: "Typisch ist die Meinung, dass in der Fremde alles schlechter ist als zu Hause, sowie der Wunsch, so schnell wie möglich wieder nach Hause zurückzukehren."

Heimweh drückt sich auf verschiedene Weisen aus: "Zum Beispiel in Kummer, Niedergeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Schlafproblemen und depressiven Verstimmungen", erklärt Sonnenmoser. Manchmal zeige es sich auch in Gereiztheit, Wut und Verbitterung.

Aber was tun? "Man muss der neuen Umgebung eine Chance geben", sagt die ärztliche Psychotherapeutin Swantje Röck von der Psychosozialen und Psychotherapeutischen Beratung des Studentenwerks München. Das bedeutet vor allem: Kontakte knüpfen. Diese seien die Basis dafür, sich zu Hause zu fühlen. Röck rät deshalb, nicht jedes Wochenende zu den Eltern oder den alten Freunden zu fahren. Besser sei es, Freunde von zu Hause in die neue Stadt einzuladen.

Oder man engagiert sich in der Fachschaft, geht zu Erstsemester-Veranstaltungen oder besucht einen Hochschulsport-Kurs, rät Röck. "Auch über ein altes Hobby lässt sich ein Stück Heimat in die neue Stadt bringen."

Ob man Heimweh bekommt oder nicht, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Es trifft eher Menschen, die sich zu Hause sehr wohl fühlen, wie Sonnenmoser erklärt. "Auch Personen, die schlechte oder keine Erfahrungen mit dem Verreisen gemacht haben, sind heimwehanfällig."

Wird das Heimweh zu groß, muss man die Segel streichen. Wann das der Fall ist, lässt sich pauschal nicht sagen. Schumann ist der Ansicht, man solle nicht bei den ersten Problemen aufgeben, aber sich auch nicht unnötig quälen, wenn man merkt, dass es nicht das Richtige ist. Röck empfiehlt, sich unbedingt Hilfe zu suchen, bevor man seine Zelte abbricht, zum Beispiel bei Beratungsstellen an der Uni.

Wer sich entscheidet, wieder in die Heimat zurückzukehren, sollte erhobenen Hauptes gehen, sagt Schumann. Es zeuge von Größe, sich eine falsche Entscheidung einzugestehen und zu korrigieren.

Literatur:

Dr. Marion Sonnenmoser: Schluss mit Heimweh: Was Sie gegen Heimweh tun können - ein Selbsthilfebuch Taschenbuch, Januar 2014, CreateSpace Independent Publishing Platform, 104 Seiten, 9,95 Euro