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Wieder länger da Welche Rechte haben Arbeitnehmer bei Überstunden?

Manchmal dauert es etwas länger im Büro - das kennen die meisten Arbeitnehmer. Wenn Überstunden aber zur Regel werden, wird es unangenehm. Nicht alles ist erlaubt.

09.12.2016, 04:00

Hamburg (dpa/tmn) - Eigentlich ist längst Feierabend, doch ans Nachhausegehen ist nicht zu denken. Überstunden sind für manche Arbeitnehmer keine Seltenheit - doch müssen sie überhaupt länger arbeiten? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Sind Überstunden im Job zulässig?

"Das kommt darauf an", sagt Prof. Stefan Lunk, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Hamburg. Ist dazu nichts im Arbeits- oder Tarifvertrag oder in den Betriebsvereinbarungen festgehalten, müssen Arbeitnehmer keine Überstunden leisten. Gewisse Notfälle können aber Ausnahmen sein.

Dürfen Arbeitnehmer einfach gehen - auch wenn der Chef etwas anderes anordnet?

Nicht ganz, erklärt Fenimore von Bredow, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Köln. Er verweist auf das im Gesetz festgehaltene Weisungsrecht des Arbeitgebers. Demnach kann dieser die Zeit der Arbeitsleistung nach "billigem Ermessen näher bestimmen" - das heißt, er muss die Interessen des Unternehmens und des Arbeitnehmers abwägen. "Wenn man Überstunden verweigert, und im Nachhinein stellt sich heraus, dass der Arbeitgeber sie berechtigterweise angeordnet hat, riskiert man mindestens eine Abmahnung, schlimmstenfalls eine Kündigung", warnt der Experte.

Was ist, wenn die Überstunden im Vertrag geregelt sind?

Arbeitnehmer müssen bei Überstunden immer die Obergrenzen des Arbeitszeitgesetzes beachten. "Außerdem ist jede Überstunde mitbestimmungspflichtig", sagt Prof. Lunk. Gibt es einen Betriebsrat, muss er vorher den Überstunden zustimmen, sofern er das nicht bereits generell für bestimmte Überstunden in einer Betriebsvereinbarung getan hat.

Was ist, wenn Arbeitnehmer regelmäßig länger arbeiten, weil sie die Arbeit sonst nicht schaffen?

"Arbeitgeber müssen die Überstunden anordnen", erklärt Prof. Lunk. Arbeitnehmer können also nicht ungefragt einfach Überstunden machen und diese hinterher anrechnen. Allerdings: Wenn Überstunden nötig sind, um die Arbeit überhaupt zu schaffen, ist der Betriebsrat gefragt. "Ihm müsste auffallen, dass es sich nicht mehr um Überstunden, sondern faktisch um reguläre Arbeitszeit handelt." Der Betriebsrat sollte dann gegebenenfalls keine weiteren Überstunden mehr genehmigen.

Wie werden Überstunden vergütet?

Das kann im Arbeits- oder Tarifvertrag oder den Betriebsvereinbarungen stehen. Die Klausel "Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten" ist nicht rechtens, wie von Bredow erklärt. Der Arbeitnehmer müsse bei Vertragsabschluss wissen, was auf ihn zukommt. "Eine pauschale Abgeltung sämtlicher Mehrarbeit durch das Gehalt geht nicht." Ansonsten ist es üblich, dass Arbeitnehmer für geleistete Überstunden entweder Freizeitausgleich oder finanzielle Vergütung bekommen. "Die orientiert sich am Stundenlohn des Beschäftigten."

Gewerbeordnung §106

Gute Bezahlung wichtiger als Freizeit

Die Bezahlung ist jedem zweiten Arbeitnehmer in Deutschland wichtiger als Flexibilität im Job oder eine geringere Arbeitszeit. Könnten die Beschäftigten die Rahmenbedingungen neu verhandeln, würden sich fast die Hälfte (47 Prozent) am ehesten für mehr Geld entscheiden. Das geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hervor. Mehr Flexibilität zum Beispiel durch Home Office würden 17 Prozent wählen, eine niedrigere Wochenarbeitszeit hingegen 14 Prozent und mehr Urlaubstage 9 Prozent.