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Rekorde Ex-Politiker und ihre Buchdeals

65 Millionen Dollar: Soviel sollen die Obamas angeblich für ihre Bücher bekommen. In den USA tickt der Buchmarkt anders als in Deutschland. Wie viel wohl Merkel für ihre Memoiren bekommen könnte?

Von Von Johannes Schmitt-Tegge, dpa 08.03.2017, 08:38

Washington (dpa) - Gemessen an der Zahl seiner Bücher könnte man fast meinen, Theodore Roosevelt sei hauptberuflich Schriftsteller gewesen und nicht Politiker.

Volle 42 Titel verfasste der von 1901 bis 1909 amtierende US-Präsident zu Lebzeiten, darunter "Hunting Trips of a Ranchman" und "The Wilderness Hunter" über seine Jagdausflüge in der amerikanischen Wildnis. Seit 1952 hat jeder US-Präsident vor seinem Einzug ins Weiße Haus mindestens ein Buch veröffentlicht.

Ungewöhnlich ist es also nicht, dass Barack Obama neben seiner politischen Laufbahn auch als Autor in Erscheinung getreten ist. Schon vor Beginn seiner Präsidentschaft (2009-2017) hatte er mit den Büchern "Ein amerikanischer Traum" und "Hoffnung wagen" von sich reden gemacht.

Ungewöhnlich ist aber die Summe, die die weltgrößte Verlagsgruppe Penguin Random House nun für die Rechte an den Memoiren Obamas und seiner Frau Michelle hinblättert: Mehr als 65 Millionen Dollar (etwa 61 Mio Euro) will der Konzern, der mehrheitlich Bertelsmann gehört, der "Financial Times" zufolge zahlen.

Die Rekordsumme stellt so ziemlich alles in den Schatten, was bisher für Memoiren ranghöchster Politiker gezahlt worden ist. Zuvor soll der Rekord bei 15 Millionen Dollar (14 Mio Euro) gelegen haben, die Penguin Random House für die Rechte an den Memoiren "My Life" des früheren US-Präsidenten Bill Clinton (1993-2001) zahlte. Die Verlagsgruppe Crown zahlte Ex-Präsident George W. Bush (2001-2008) Berichten zufolge einen Vorschuss von geschätzt 7 Millionen Dollar (6,6 Mio Euro) auf die Memoiren "Decision Points" von 2010.

"Es werden locker die wertvollsten Präsidentschafts-Memoiren aller Zeiten sein", sagte Raphael Sagalyn von der Schriftsteller-Agentur
ICM/Sagalyn in Washington der "New York Times" im Herbst über Obama. Dieser gilt nicht nur als hervorragender Redenschreiber, sondern war auch für seinen literarischen Stil in "Ein amerikanischer Traum" gelobt worden, das im Originaltitel "Dreams of My Father" hieß und die Geschichte von Obamas Kindheit und Jugend erzählt. Im Kinderbuch "Von euch will ich singen: Ein Brief an meine Töchter" erklärte er Malia und Sasha seine Liebe und warb für Toleranz.

Mit Beliebtheitswerten von rund 60 Prozent schwamm Obama in den letzten Monaten seiner Amtszeit auf einer Popularitätswelle, die die Rekordsumme nach oben gedrückt haben dürfte. Auch der zu Rupert Murdochs News Corp-Konzern gehörende Verlag HarperCollins und Simon & Schuster, der zur Sendergruppe CBS gehört, hatten Interesse an den weltweiten Rechten gezeigt. Michelle Obama, die als First Lady zu den beliebtesten Menschen in der US-Politik zählte, dürfte das Höchstgebot weiter gesteigert haben. Die Obamas schreiben getrennte Bücher, die Rechte daran verkauften sie aber gemeinsam.

So muss man die 65 Millionen Dollar (61,4 Mio Euro) eigentlich auf die zwei Autoren Michelle und Barack Obama aufteilen, doch selbst dann hängen sie bisherige Rekordverträge locker ab. Dazu zählen etwa der Vorschuss von 14 Millionen Dollar (13,2 Mio Euro), den die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton 2014 für ihre Autobiografie "Entscheidungen" bekam, und das 1994 erschienene Werk "Die Schwelle der Hoffnung überschreiten", für das Papst Johannes Paul II. 8,5 Millionen Dollar (8 Mio Euro) einnahm.

Das Obama-Paar ist auch außerhalb der USA so beliebt, dass man schon jetzt einen Bestseller ahnen kann. Das gelte nicht nur für die Memoiren des Ex-Präsidenten, sondern auch für seine Frau Michelle, meint Agent Georges Borchardt. "Sie kann schreiben, was sie will."

DER DEUTSCHE BUCHMARKT TICKT ANDERS

Eine Kennerin des internationalen Buchmarkts sagt, sicher hätten alle Verlage gerne Obama verlegt. "Da wird dann auch gerne mal "überzahlt", um einen großen Namen an sich zu binden", sagte die Agentin, die sowohl deutschsprachige als auch internationale Buchrechte vermittelt, der Deutschen Presse-Agentur.

Mit Blick auf die märchenhaften Vorschüsse sagt sie, der US-Markt sei nach der Zahl der potenziellen Leser schlichtweg viel größer als der deutsche. "Und das weltweite Interesse an Übersetzungen aus dem Englischen ist nach wie vor groß."

Sollte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Memoiren schreiben wollen, könnte sie recht gut daran verdienen. Ein Buch der Kanzlerin wäre schätzungsweise 1,5 bis 2 Millionen Euro wert, sagt die Agentin. Man müsse allerdings bedenken, dass Memoiren immer dann besonders interessant seien, wenn die schreibende Person Ikonen-Charakter und den nötigen Glamour-Faktor habe, was bei Michelle Obama sicher eher der Fall sei als bei Angela Merkel. "Oder es müsste Enthüllungen beinhalten, was man sich bei Frau Merkel auch nicht so recht vorstellen kann."

Financial Times