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Spannung und Humor Beatriz Williams: Von starken Frauen und schwachen Männern

Wem Das geheime Leben der Violet Grant gefallen hat, kommt am neuen Buch der Amerikanerin Beatriz Williams nicht vorbei. Träume wie Sand und Meer ist eine Art Fortsetzung des Romans aus dem vergangenen Jahr. Es geht um gesellschaftliche Konventionen, Schein und Sein und eine ungewöhnliche Liebesgeschichte.

Von Frauke Kaberka, dpa 27.09.2016, 15:06

München (dpa) - Für starke Frauen hat die Amerikanerin Beatriz Williams viel übrig. Ihre neue Heldin heißt Tiny.

Die junge, bildhübsche Tiny ist Ehefrau des angehenden Kongressabgeordneten Frank und hat - wie es aussieht - ein perfektes Leben. Und ein Geheimnis, wovon Frank und sein großer, einflussreicher Familienclan nichts wissen. Oder doch? Dass nichts im Leben perfekt ist, dass scheinbar zerbrechliche Frauen stark und mächtige Männer schwach sein können, hat Williams in ihrem neuen Roman Träume wie Sand und Meer auf sehr ansprechende Weise dargelegt. Also mit Spannung und Humor.

Die Geschichte spielt im Sommer 1966 auf Cape Cod, einer Halbinsel im US-Bundesstaat Massachusetts, und in Boston. In der Villa der Hardcastles wird wieder einmal Wahlkampf für Frank, den hoffnungsvollsten Spross des Clans, gemacht. Und Tiny ist ein wichtiger Teil der Kampagne, denn nichts schätzen die Amerikaner an ihren Politikern mehr als eine Bilderbuchfamilie. Tiny ist geeicht auf solche Veranstaltungen, spult sie routiniert ab und ist offenbar zufrieden mit ihrer Rolle als Frau an Franks Seite.

Es bedarf allerdings nur eines Besuchs ihrer flippigen jüngeren Schwester Pepper, um die scheinbar heile Welt der Älteren zu erschüttern. Doch das ist es nicht allein, was Tiny aus der Bahn zu werfen scheint. Zum einen kommen braune Umschläge ins Haus mit gefährlichem Inhalt. Zum anderen taucht Franks Cousin Cap auf. Der hochdekorierte Vietnam-Kriegsveteran und die junge Ehefrau verbindet mehr, als Frank lieb sein dürfte. Was das genau ist, erzählt Williams in einem zweiten Handlungsstrang, der 1964 spielt.

Nebenbei beginnt auch die Fassade des Vorzeigepolitikers zu bröckeln. Für Tiny Anlass, nicht nur ihr Dasein gründlich zu hinterfragen, sondern auch die Methoden machthungriger und vermögender Vertreter der sogenannten Elite.

Im Grunde genommen ist es eine simple Story mit angedeuteter Vietnamproblematik. Und einige der Protagonisten sind ein wenig stereotyp: zu schön, zu gut, zu heldenhaft, zu machthungrig und zu skrupellos. Doch mit erzählerischem Geschick hat die Autorin aus den Zutaten einen gut zu lesenden (Liebes-)Roman aus den 60ern gestrickt, den man verschlingt, dabei über die schnoddrigen Sprüche der Schwestern lacht, sich über angeblich starke Männer amüsiert, die sich ihren Schwächen ergeben, und sich über das durchaus umstrittene Wahlsystem in den Staaten Gedanken macht.

Zudem ist es erfrischend zu sehen, wie Frauen, die bis dahin eher Anhängsel ihrer erfolgreichen Männer waren, konventionelle Fesseln abstreifen und Initiative ergreifen. Williams, die Abschlüsse der Elite-Unis Stanford und Columbia vorweisen kann, hatte sicher nicht im Sinn, einen politischen Roman zu verfassen. Etwas anderes allerdings hat sie durchaus beabsichtigt: eine Verbindung zu ihrem letzten Roman Das geheime Leben der Violet Grant zu knüpfen. Denn eine der beiden Heldinnen jener Lektüre, die in Deutschland im Mai 2015 erschien, ist Vivian. Und Vivian ist die dritte Schwester von Tiny und Pepper. Für den Verkauf sowohl des alten als auch des neuen Buchs sicher nicht von Nachteil. Und wer weiß, ob die mit ihrer Familie in Connecticut lebende Williams nicht bereits an einem Roman über Pepper arbeitet.

- Beatriz Williams: Träume wie Sand und Meer, Blanvalet Verlag München, 448 Seitem, 14,99 Euro, ISBN 978-3-7645-05660.

Träume wie Sand und Meer