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Ein Porträt Gegen den Hass: Friedenspreisträgerin Carolin Emcke

Martin Buber, Jürgen Habermas, Susan Sontag: Jetzt hat Carolin Emcke selbst den Preis bekommen, den einst große Vorbilder von ihr erhielten. Die Autorin ist vor allem eines - eine Kämpferin.

Von Nada Weigelt und Thomas Maier, dpa 23.10.2016, 13:57
Die Publizistin Carolin Emcke (l) im Gespräch mit Bundespräsident Joachim Gauck. Foto: Arne Dedert
Die Publizistin Carolin Emcke (l) im Gespräch mit Bundespräsident Joachim Gauck. Foto: Arne Dedert dpa

Frankfurt/Berlin (dpa) - Die neue Friedenspreisträgerin Carolin Emcke gehört zu den profiliertesten Journalistinnen der Republik. Einen Namen hat sie sich vor allem mit ihren Berichten aus Kriegs- und Krisengebieten gemacht, denen das Mitleid mit den Geschundenen oft bis an die Schmerzgrenze eingeschrieben ist.

Darüber hinaus ist die promovierte Philosophin aber auch eine
wichtige Intellektuelle, die sich etwa über die wachsende
Aggressivität und die Polarisierung in unserer Gesellschaft Gedanken
macht.

Gegen den Hass heißt ihr neuer Band, der jetzt zur Frankfurter
Buchmesse herausgekommen ist. Darin schreibt sie gegen den religiösen
und nationalistischen Fanatismus an - und setzt ein Menschenbild der
Vielfalt entgegen. Wenn es um Rassismus und die Herabsetzung von
Minderheiten geht, sei es Pflicht der Zivilgesellschaft zu
widersprechen, verlangt sie.

Politisches und Privates - Emcke hat 2013 über die Entdeckung ihrer
eigenen Homosexualität ein Buch veröffentlicht - gehören für die
49-Jährige untrennbar zusammen. Ihr Leben ist für sie gleichbedeutend
mit sozialem Engagement.

Genau dafür hat ihr der Stiftungsrat den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels zugesprochen. Das
Werk von Carolin Emcke wird somit Vorbild für gesellschaftliches
Handeln in einer Zeit, in der politische, religiöse und kulturelle
Konflikte den Dialog oft nicht mehr zulassen, heißt es in der
Begründung.

Begonnen hat Emcke ihre journalistische Karriere 1998 als Redakteurin
beim Spiegel, der sie bald in Krisenregionen wie Kosovo,
Afghanistan, Pakistan, Irak und den Gaza-Streifen schickte. 2004
erschien ihr erstes Buch Von den Kriegen - Briefe an Freunde, in
dem sie diese Erfahrungen aufarbeitet und die eigene Rolle als
Beobachterin reflektiert.

1967 in Mülheim an der Ruhr geboren und in behüteten Verhältnissen
aufgewachsen, studierte sie in Frankfurt, London und in Harvard
Philosophie, Politik und Geschichte. Ihren Magister machte sie bei
Jürgen Habermas, der zusammen mit anderen Aushängeschildern der
Frankfurter Schule bis heute gern von ihr zitiert wird.

Seit 2007 ist Emcke als freie Publizistin tätig, über Jahre hinweg
vor allem mit vielfach ausgezeichneten Reportagen und Essays für Die
Zeit. Seit 2014 hat die Wahlberlinerin eine Kolumne in der
Wochenendausgabe der Süddeutschen, die sie vorübergehend ausgesetzt
hat. Mit ihrer Mischung aus Coolness und Verbindlichkeit ist die gern
schwarz gekleidete Tough-Frau auch in öffentlichen Diskussionen
gefragt - etwa bei ihrer monatlichen Reihe Streitraum an der
Berliner Schaubühne.

In ihrem Buch Stumme Gewalt (2008) hat sie sich mit der
Roten-Armee-Fraktion auseinandergesetzt. Emcke war Patenkind des 1989
von der RAF bei Frankfurt ermordeten Deutsche-Bank-Chefs Alfred
Herrhausen. Im Buch plädiert sie für einen Verzicht auf Gewalt und
Rache und die Einsetzung einer Art Wahrheitskommission. Den Mord an
ihrem Onkel nennt sie eine traumatische Erfahrung. Bei der
Verarbeitung könne letztlich auch ein solches Buch nicht helfen. Man
muss damit ringen und hadern.

Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Die Preisträger

der Schaubühne