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"Babettes Fest" zum Start "Comoedia Mundi" lebt den Traum vom freien Theater

Unabhängig sein und Theater zu den Menschen bringen - diesen Traum hat sich Fabian Schwarz vor mehr als 30 Jahren erfüllt. Bis heute lebt er ihn mit seinem Zelttheater "Comoedia Mundi". Jetzt startet die mobile Bühne in ihre 34. Saison.

Von Klaus Tscharnke, dpa 23.04.2017, 11:17

Trautskirchen (dpa) - Eisiger Ostwind zerrt an der nachtblauen Plane des Theaterzeltes im Trautskirchener Schlosspark.

Im Inneren des Theaterrunds ist zwar geheizt. Das bewahrt die vom Nachbargebäude zur Probe eilenden Schauspieler aber nicht vor den Schneeschauern, die an diesem Nachmittag immer mal wieder über der mittelfränkischen Ortschaft am Fuße der Frankenhöhe niedergehen. Rasch huschen die Mimen in ihren leichten Kostümen durch den Flockenwirbel ins Zeltinnere, wo schon der Regisseur Max Berger und der Lichttechniker Filippo de Capitani auf sie warten.

Schon seit Wochen bereitet sich das Theater "Comoedia Mundi" in seinem Winterquartier auf die bevorstehende Sommer-Tournee vor. Am kommenden Samstag (29. April) wollen der Theaterchef Fabian Schwarz und sein kleines Ensemble ihr neues Stück "Babettes Fest" erstmals vor Freunden und Publikum aus der Region spielen - Uraufführung und Saisonstart in einem. Anschließend geht es mit dem Zelt samt Café-, Wohn- und Toilettenwagen nach Regensburg, später nach Frankfurt am Main, Nürnberg und Landshut.

"Ich bin so der letzte Mohikaner in Sachen freies Theater", sagt Schwarz von sich selbst. Manche sehen in dem 58-Jährigen auch eine Art "Urgestein" der freien Theaterszene. Anders als die meisten seiner Kollegen, die in den 1970er und 1980er von einem Leben als autonome Theatermacher träumten, hat er ihn ab 1983 umgesetzt. Schwarz und seine Frau, die Niederländerin Loes Snijders, leben ihn hartnäckig bis heute. Und nehmen dafür so einiges in Kauf - nicht nur Proben bei Temperaturen knapp über null Grad.

Denn noch als jungem Schauspieler war dem gebürtigen Münchner rasch klar geworden, was er nicht wollte: ein Schauspielerleben zwischen Taxifahren und der vagen Hoffnung auf gelegentliche Bühnen-Engagements. Stattdessen schuf er sich ein eigenes Theater - ein mobiles, mit dem er von Stadt zu Stadt ziehen konnte. Er liebe die Flexibilität und Mobilität, die Idee, das Theater zu den Leuten zu bringen, sagt Schwarz. "Wir brauchen nicht mehr als eine grüne Wiese - und schon machen wir Theater", schwärmt er.

Und das in einer Intimität, die man in keiner festen Bühne finde. "Wir sind ganz nah bei den Leuten. Die Menschen können sehen, ob wir schwitzen oder weinen", sagt er und spielt dabei auf die Enge des Zelttheaters an, in dem die Menschen im Halbrund um die nahe Bühne sitzen. Die schmalen dunklen Holzbänke, die die Patina von drei Jahrzehnten Theater tragen, hat Schwarz selbst gezimmert - wie so vieles andere auch. Jeder der hier mitmacht, muss - so versichert Schwarz - mehr können als nur schauspielern.

Ob er nicht manchmal doch von der Arbeit an einer festen Bühne träume? Der Theaterchef zögert nicht lange: "Mit der Arbeit an einem klassischen Theater hätte ich meine Schwierigkeiten", wehrt er ab. Aber eine Fabrikhalle mit Bühne für die Proben und Auftritte im Winter, aber auch für die kleine Gastronomie, die den "Comoedia Mundi"-Machern zusätzliche Einnahmen verschafft - das wäre manchmal schon ganz gut. Auf seine sommerlichen Tourneen und die "offenen Strukturen" seiner freien Bühne würde er aber nie verzichten.

Was Schwarz' Theater von vielen freischaffenden Schauspielern mit Gelegenheits-Engagement kaum unterscheidet: Die "prekäre" Situation, wie er selbst sagt. Ohne öffentliche Zuschüsse vom Freistaat Bayern, der Regierung von Mittelfranken und den Gastgeber-Städten, die etwa ein Drittel des Gesamtetats ausmachen, käme "Comoedia Mundi" kaum über die Runden, räumt Schwarz ein. Den Rest steuerten der Ticketverkauf und die Gastronomie sowie Sponsoren bei. Außerdem: "Ohne die Hilfe der Freunde gäbe es dieses Theater ebenfalls schon lange nicht mehr", sagt Schwarz.

Beim Verband der darstellenden Künste in Bayern ist man sich zwar nicht ganz sicher. Aber wahrscheinlich sei "Comoedia Mundi" in dieser Form, "als Zelttheater mit ständigem Programm", das einzige in Bayern, vielleicht sogar bundesweit, meint Verbandschef Wolfgang Hauck. "Ich kenne jedenfalls kein anderes freies Theater, das so nachhaltig und konsequent ist. Und wenn das Theater mal aufhört, wird es kein zweites geben, das so was leistet", schätzt Hauck, der selbst ein freies Ensemble "Die Stelzer", eine auf Hochstelzen agierende Theatertruppe, leitet. Schließlich sei ein mobiles Zelttheater eine enorm aufwendige Angelegenheit.

Internetseite der "Comoedia Mundi" mit Informationen zum Theater und zum Programm

Das Theaterzelt «Comoedia Mundi». Foto: Daniel Karmann
Das Theaterzelt «Comoedia Mundi». Foto: Daniel Karmann
dpa