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Panzerzug Goldrausch in Niederschlesien

Gold und Diamanten oder heiße Luft? Aufregung um den angeblichen Fund eines Zugs aus dem Zweiten Weltkrieg in Polen.

Von Eva Krafczyk 31.08.2015, 23:01

Wałbrzych (dpa) l Seit Tagen parken Wagen mit Kennzeichen von nah und fern entlang der Bahnstrecke zwischen Breslau (Wrocław) und Wałbrzych (Waldenburg) in Niederschlesien. Polizisten patrouillieren in dem Waldgebiet, um Schatzsucher an Grabungen zu hindern.

„Die Wahrscheinlichkeit, dass da etwas ist, ist groß“, sagte die polnische Kulturministerin Małgorzata Omilanowska. Ihr Stellvertreter Piotr Zuchowski, Leiter der Denkmalschutzbehörde, ist sich sogar „zu 99 Prozent sicher“, dass sich in einem der Tunnel des Bergbaugebietes ein deutscher Panzerzug aus dem Zweiten Weltkrieg in vermutlich 70 Meter Tiefe befindet.

Nur – womit ist der Zug beladen? Darüber rätseln nicht nur die Polen seit bald zwei Wochen. Gold und Diamanten etwa, von ermordeten Juden geraubt? Munition und Kriegsmaterial? Oder doch Archivalien und Dokumente?

Robert Singer, Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses, nimmt die Berichte über den angeblichen „goldenen Zug“ immerhin so ernst, dass er in einer Stellungnahme darauf hinwies, dass die Wertsachen an die rechtmäßigen Erben zurückgegeben werden müssten, sollte es sich tatsächlich um „Nazigold“ handeln, das von ermordeten Juden stammt.

In polnischen Medien verursachte der russische Jurist Michail Ioffe mit der Äußerung Aufregung, dass das Gold Russland übergeben werden müsse, sollte es aus der Sowjetunion gestohlen worden sein.

Wie kommt es, dass die angeblichen Finder erst jetzt, nach mehr als 70 Jahren, auf den verborgenen Zug stießen? Zuchowski vermutet ein „Geständnis auf dem Totenbett“ – immerhin handelt es sich bei einem der Finder um einen Deutschen. Dessen Vater oder Großvater könnte also durchaus zu den Männern gehört haben, die einst den Zug versteckten.

In der Umgebung der Stadt Wałbrzych hatten die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkrieges den unterirdischen Tunnelkomplex „Riese“ angelegt. Das Fürstenschloss, unter dem sich laut Ortslegenden unterirdische Tunnel verbergen sollen, rührt seit dem Wochenende die Werbetrommel für eine Sondertour zu den unterirdischen Tunneln der Stadt. Im Logo prangt ein funkelnder Zug.

Die Niederschlesische Historische Gesellschaft will bei dem Goldrausch nicht mitmachen. Die Informationen über die Entdeckung des Panzerzuges stimmten nicht, hieß es unter Verweis auf langjährige Grabungserfahrung und Archivmaterialien.

Skeptisch zeigte sich auch Tomasz Smolarz, der Leiter der Breslauer Bezirksregierung. Aus „einer Mitteilung von ein paar Seiten und einer unleserlichen Karte“ lasse sich nicht schließen, dass der Zug existiere, warnte er am Montag.

Und der ehemalige Bergmann Tadeusz Slowikowski, der 50 Jahre in der Umgebung von Wałbrzych nach Funden aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs grub, ist aus anderen Gründen skeptisch. „Diejenigen in Deutschland, die Gold und Wertsachen versteckten, waren sich bewusst, dass sich Niederschlesien nach dem Krieg außerhalb der Grenzen des Dritten Reichs befinden könnte“, sagte er der „Gazeta Wyborcza“. „Wenn der Zug etwas enthält, dann wahrscheinlich Rohstoffe für die Rüstung“, glaubt Slowikowski, der als junger Bergmann in den 1950er Jahren von deutschen Kollegen erstmals Berichte über den angeblich unterhalb der Bahnstrecke versteckten Zug hörte.