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Flüchtlinge Koalitionsstreit um Transitzonen

Der Streit in der Koalition über die Einrichtung von grenznahen Transitzonen für Flüchtlinge gewinnt an Schärfe.

12.10.2015, 23:01

Berlin (AFP) l „Die Einrichtung von Haftanstalten für Tausende von Flüchtlingen an der Grenze lehne ich ab“, erklärte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. „Ein solches Verfahren ist praktisch undurchführbar und menschlich nicht in Ordnung“, kritisierte Oppermann.

Justizminister Heiko Maas (SPD) sprach in der „Süddeutschen Zeitung“ von einem Versuch, „Zehntausende Flüchtlinge an der Grenze in Haft zu nehmen“. Wer Transitverfahren einfach von Flughäfen auf Landesgrenzen übertragen wolle, schaffe „Massenlager im Niemandsland“. Den Begriff „Transitzonen“ lehnte Maas ab, er sprach von „Haftzonen“.

Unionspolitiker und vor allem CSU-Chef Horst Seehofer hatten sich vehement für solche Transitzonen in deutschen Grenzregionen ausgesprochen, in denen die Asylberechtigung von Flüchtlingen unmittelbar geprüft werden soll. Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive sollen von dort nach Ablehnung ihrer Asylanträge im Schnellverfahren in ihre Heimatländer zurückgebracht werden.

Die Union drückte ungeachtet des Widerstands der SPD in der Streitfrage aufs Tempo. „Ich glaube, wir werden bis nächste Woche zu einem Ergebnis kommen“, sagte Flüchtlingskoordinator und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) im ZDF-Morgenmagazin. Die Transitzonen seien in einer EU-Richtlinie vorgesehen. „Wir setzen das jetzt um“, sagte Altmaier.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber forderte die SPD rasch zu „konstruktiven“ Verhandlungen auf. „Da liegt der Ball bei den Sozialdemokraten“, sagte er. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Koalition müsse nun „schnellstmöglich“ Gespräche über das Thema führen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich zunächst nicht zu den Transitzonen.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte die Bereitschaft ihrer Partei zu, die Vorschläge aus dem CDU-geführten Bundesinnenministerium zu prüfen. Ihre Skepsis verhehlte sie dabei nicht: „Ich kann mir nicht vorstellen, wie das funktionieren soll.“ Menschen, die damit rechnen müssten, abgewiesen zu werden, suchten sich dann vermutlich „einen anderen Weg über die grüne Grenze“.

Das Bundesinnenministerium bemühte sich, Einwände gegen die geplanten Transitzonen zu entkräften. Niemand plane den Aufbau von „Transitmassenlagern“ an der Grenze, beteuerte ein Sprecher. Es gehe lediglich darum, „offensichtlich unbegründete Asylantragsstellungen“ in einem schnelleren Verfahren abzuarbeiten.

Die Oppositionsparteien Grüne und Linke lehnen die Pläne ab. „Transitzonen sind nichts weiter als Abschiebe-Ghettos für Flüchtlinge“, kritisierte Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke.