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Dallas-Attenat Furcht vor Eskalation in USA

Der Polizistenmörder von Dallas war wohl ein Einzeltäter. Der Eindruck: Er handelte aus Hass auf Weiße. Sorge vor weiterer Gewalt.

09.07.2016, 13:22

Dallas (dpa) l Nach den Todesschüssen auf fünf Polizisten in der US-Stadt Dallas suchen Ermittler nach den Hintergründen der Tat. Der Schütze Micah Johnson hat nach Erkenntnissen der Polizei wohl alleine gefeuert, könne aber Komplizen haben. "Wenn es sie gibt, werden wir sie finden, und sie werden Gerechtigkeit erfahren", sagte der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, in der Nacht zum Sonnabend.

Die Polizisten wurden vermutlich aus Hass auf Weiße getötet. Sie starben während eines Protestmarsches gegen Polizeigewalt. Mindestens sieben Polizisten und zwei Zivilisten wurden zudem verletzt.

Nach einem mehrstündigen Feuergefecht und erfolglosen Verhandlungen war der Angreifer in Dallas mit Hilfe eines Roboters getötet worden, an dem ein Sprengsatz angebracht war. Der Mann habe zuvor gesagt, er habe alleine gehandelt und sei kein Mitglied einer Organisation, sagte Dallas' Polizeichef David Brown weiter. Bürgermeister Mike Rawlings bestätigte am Abend den Einsatz von C4-Sprengstoff.

Johnson (25) habe im April 2015 einen Einsatz als Soldat in Afghanistan nach Vorwürfen sexueller Belästigung einer weiblichen Soldatin vorzeitig beenden müssen, berichteten mehreren US-Medien. Dies sei ein ungewöhnlich scharfes Vorgehen des Militärs in dem Fall, zitierte die "Dallas Morning News" einen Militärjuristen.

Nach der Schießerei fand die Polizei nach eigenen Angaben in seiner Wohnung jede Menge Waffen und paramilitärisches Material – auch zum Bombenbau – sowie Schutzwesten, Munition und ein Handbuch für den bewaffneten Kampf. Außerdem seien afro-nationalistische Schriften aufgetaucht. Das könnte auf ein Motiv hindeuten. Johnson ist Afroamerikaner.

Als Reaktion auf den tödlichsten Tag für die Polizei in den USA seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 verkürzt Präsident Barack Obama seine Europareise um einen Tag. Das Weiße Haus teilte mit, Obama werde zwar wie geplant am Samstag vom Nato-Gipfel in Warschau nach Madrid weiterreisen, seinen Aufenthalt in Spanien aber verkürzen und schon am Sonntag heimfliegen, um dann zu Wochenbeginn nach Dallas zu reisen. Es ist auch zu erwarten, dass die Vorfälle dieser Woche eine große Rolle im US-Wahlkampf spielen werden.

Anlass für die Demonstration am Donnerstagabend (Ortszeit) war der Tod von zwei Afroamerikanern, die in den US-Staaten Minnesota und Louisiana binnen zweier Tage durch Polizeischüsse ums Leben gekommen waren. Auch in New York und anderen US-Städten hatte es friedliche Demonstrationen gegen Polizeigewalt gegen Afroamerikaner gegeben.

Aus mehreren US-Städten werden verstärkte Sicherheitsmaßnahmen berichtet, so zum Beispiel aus New York. Landesweit wächst die Sorge, dass die Gewalt eskalieren könne. Es gab von vielen Seiten Aufrufe zur Mäßigung und zum Zusammenrücken, sehr vernehmlich auch vonseiten schwarzer Bürgerrechtler. Ihr Tenor: Die Gewalt gegen Schwarze müsse beendet werden, aber die Lösung könne keinesfalls schwarze Gewalt gegen Polizisten sein.

Der Politikwissenschaftlers Martin Thunert vom Heidelberg Center for American Studies sagte im Deutschlandradio Kultur, dass die Anzahl von Übergriffen weißer Polizisten auf schwarze Bürger – insgesamt gesehen – eigentlich rückläufig sei. Im Gegensatz zu den 1990er Jahren seien aber heute immer mehr Bilder solcher Ereignisse im Umlauf: "Und diese Bilder (...) gießen natürlich auch Öl ins Feuer und motivieren eben Leute wie den Täter von gestern Nacht, der dann durch solche Bilder in seinem Hass auf weiße Polzisten oder auf Polizisten insgesamt bestätigt wurde."