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Frühjahrsoffensive Taliban drohen verstärkt mit Anschlägen

Angriffe auf große Städte und Selbstmordanschläge: Die Taliban beginnen offiziell ihre Frühjahrsoffensive

12.04.2016, 11:48

Kabul (dpa) l Die radikal-islamischen Taliban haben den Beginn ihrer Frühjahrsoffensive verkündet. Ziel sei die "Befreiung der verbliebenen Gebiete von Feinden" durch "Angriffe auf Feindpositionen", "Selbstmordanschläge sowie die Ermordung von feindlichen Kommandeure in urbanen Zentren", erklärte der Führungsrat am Dienstag. Als Feinde sehen die Taliban amerikanische und Nato-Soldaten, die sie "Besatzer" nennen, sowie die afghanische Regierung und Streitkräfte, die sie oft als "Sklaven des Westens" bezeichnen.

Vor allem Angriffe auf große Städte bereiten in Afghanistan große Sorgen. Sicherheitsexperten halten es zwar für unwahrscheinlich, dass die Aufständischen in der Lage sein werden, Großstädte zu erobern. Die nötige Konzentration von Streitkräften rund um urbane Zentren könne aber dazu führen, dass ländliche Regionen schlechter geschützt seien und leichter erobert werden könnten. Außerdem würden mehr Angriffe in Städten die Ströme der Fliehenden noch schneller anschwellen lassen, heißt es.

Seit Beginn des vergangenen Jahres sollen rund 250.000 Afghanen das Land verlassen haben. In den ersten drei Monaten 2016 kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) allein in Griechenland 38.534 Afghanen an. Weitaus größer ist aber die Zahl der intern Vertriebenen. Ihre Zahl übertrifft nun 1,1 Millionen Menschen. Allein in 2015 wurden mehr als 300.000 Menschen durch Gefechte aus ihren Heimen vertrieben. Für 2016 erwartet die UN 260.000 neue Binnenflüchtlinge.

Auch die Zahl der zivilen Opfer war 2015 mit mehr als 11.000 (konservativ gezählten) Toten und Verletzten auf den höchsten Stand seit Beginn der internationalen Intervention gestiegen. 62 Prozent seien von den Aufständischen verursacht worden, berichtete die UN.

Die Taliban nennen ihre Frühjahrsoffensive Operation Omari, zu Ehren des verstorbenen langjährigen Talibanchefs Mullah Omar. Seit der Machtübernahme von Mullah Akhtar Mansur im Sommer gibt es blutige interne Kämpfe. Das hat aber die Schlagkraft der Bewegung nicht verringert. Laut Experten sind mehr als 100 der rund 400 Bezirke des Landes entweder in der Hand der Taliban (knapp 30) oder dauerhaft umkämpft (mehr als 80; Zahlen aus dem Dezember).

Auch im Winter hatten die Taliban kaum eine Kampfpause eingelegt. Die Verkündung der alljährlichen Frühjahrsoffensive ist daher mehr eine Formalität – und Mittel der psychologischen Kriegsführung.

Eine im Dezember gegründete und mit viel Optimismus verkündete Friedensinitiative der afghanischen, pakistanischen, chinesischen und der US-Regierung hatten die Taliban jüngst abgelehnt.