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Nordkorea Wie starb Kim Jong Uns Halbbruder?

Der Tod des älteren Halbbruders von Kim Jong Un gibt weiter Rätsel auf. Muss nun auch der dirtte um sein Leben bangen?

Von Christoph Sator und Dirk Godder 15.02.2017, 23:01

Kuala Lumpur (dpa) Für den fülligen Mann mit der goldenen Rolex am Arm muss das anfangs alles Routine gewesen sein. Den Vier-Stunden-Flug von Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur in die chinesische Sonderverwaltungszone Macau hatte Kim Jong Nam, ältester Halbbruder von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, schon viele Male absolviert. In beiden Städten besaß er Immobilien. Vor dem Abflug um 10 Uhr ging der 45-Jährige in Terminal 2 noch einige Geschäfte durch. Plötzlich seien zwei asiatisch aussehende Frauen Ende 20 von hinten auf ihn zugekommen, berichteten mehrere malaysische Zeitungen. Eine der beiden habe Kim Jong Nam ein Tuch über Mund und Nase gedrückt. Andere wollen gesehen haben, wie ihm ein Spray ins Gesicht gesprüht wurde. Der genaue Hergang soll nun mit den Aufnahmen der Überwachungskameras geklärt werden.

Anschließend fuhren die zwei mit einem Taxi weg. Dem Fahrer zufolge gaben sie sich als Vietnamesinnen aus. Spekuliert wird darüber, dass es nordkoreanische Agentinnen waren. Im Lauf des Mittwochs gab es Spekulationen darüber, dass die beiden Frauen Selbstmord begangen haben könnten. Am Abend (Ortszeit) meldete die malaysische Polizei jedoch, dass eine 28-jährige Frau mit einem vietnamesischen Pass festgenommen worden sei. Über Einzelheiten schwiegen sich die Behörden aus – wie so oft in diesem diplomatisch äußerst heiklen Fall. Nach weiteren Verdächtigen wurde nach einem Bericht der Zeitung „The Star“ noch gesucht. Kim Jong Nam ging nach dem Überfall zunächst zum Informationsschalter. Dort klagte er über heftige Kopfschmerzen, weshalb er in die Ambulanz des Flughafens gebracht wurde. Weil sich sein Zustand immer mehr verschlechterte, wollten ihn die Ärzte ins Krankenhaus bringen. Auf dem Weg dorthin starb er.

Vermutet wird, dass der Nordkoreaner einem Giftanschlag zum Opfer fiel. Offiziell bestätigt ist das nicht. Klarheit soll nun die Obduktion des Leichnams bringen. Vorsicht ist in solchen Fällen angebracht.

Kim Jong Nam war der älteste Sohn des früheren Machthabers Kim Jong Il – einer von drei Söhnen, die der Diktator mit unterschiedlichen Frauen hatte. Die Mutter war Schauspielerin. Als Erstgeborener galt er in der einzigen kommunistischen Dynastie der Welt eine Zeit lang als potenzieller Nachfolger. Nach dem Tod des Vaters im Dezember 2011 wurde das jedoch Kim Jong Un, sein jüngerer Halbbruder. In Nordkoreas Machtapparat spielte er aktuell keine Rolle mehr. Er äußerte sich kritisch, aber ein Regimegegner war er gewiss nicht.

Im Süden wird spekuliert, ein Anschlag könnte mit den Beziehungen zu China zu tun haben. Eine Theorie besage, dass Kim Jong Un noch immer auf die offizielle Anerkennung durch Peking warte, schrieb die linksliberale Zeitung „Hankyoreh“. Demnach könnte Kim Jong Uns größte Furcht gewesen sein, China wolle eine „Marionetten-Regierung“ unter Kim Jong Nam etablieren.

Muss auch der mittlere von Kim Jong Ils drei Söhnen, Kim Jong Chol, jetzt um sein Leben fürchten? Ihm wird nachgesagt, keinerlei politischen Ehrgeiz zu haben. Auf die Frage, ob der Zweitgeborene das Land führen könne, sagte der geflüchtete frühere Vize-Botschafter Pjöngjangs in London, Thae Yong Ho, vor kurzem, Kim Jong Chol sei nur an Musik und Eric Clapton interessiert. „Ich bin sicher, in einem normalen Leben wäre er ein guter Profi-Gitarrist.“