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Bundesrat Geldhahn zu für extreme Parteien

Der Bundesrat will noch viel abarbeiten, bevor im Wahljahr nichts mehr geht: 103 Tagesordnungspunkte zum Auftakt 2017.

10.02.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Nach dem Scheitern ihres Verbotsantrages vor dem Bundesverfassungsgericht wollen die Länder der rechtsextremen NPD den staatlichen Geldhahn zudrehen. Der Bundesrat beschloss einstimmig eine Entschließung zum Ausschluss von Parteien mit verfassungsfeindlichen Zielen von der Parteienfinanzierung und sonstigen Leistungen. Zu den Entwürfen der künftigen Bund-Länder-Finanzbeziehung brachte die Länderkammer rund 70 Änderungswünsche vor. Zu Beginn der Sitzung gedachte der Rat der Opfer des Terroranschlages von Berlin und des gestorbenen ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog. Alle wichtigen Entscheidungen vom Freitag:

Tierwohl: Abgeschnittene Schnabelspitzen bei Legehennen, millionenfaches Töten von männlichen Küken, Schlachten hochträchtiger Kühe, Kupieren der Schwänze bei Ferkeln: Der Bundesrat forderte die Regierung auf, endlich mehr Verantwortung für das Tierwohl in der Nutztierhaltung in Deutschland zu übernehmen. Die Bundesregierung setzt aber in erster Linie auf freiwillige Maßnahmen der Tierhalter.

Bund-Länder-Finanzen: Bei der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen pochen die Länder auf klare Vorgaben zur Beteiligung privater Investoren an der Finanzierung von Autobahnen. Die Finanzbeziehungen sollen ab 2020 neu geordnet werden. Dazu sind mehrere Grundgesetzänderungen erforderlich. Von 2020 an erhalten die Länder jährlich 9,751 Milliarden Euro vom Bund. Der Bund bekommt dafür mehr Eingriffsrechte. Die Länder forderten die Bundesregierung auf, eine staatliche Finanzierung verfassungsfeindlicher Parteien künftig zu unterbinden. Dazu ist eine Grundgesetzänderung nötig. Das Bundesverfassungsgericht hatte sich Mitte Januar zwar gegen ein Verbot der NPD ausgesprochen, aber ausdrücklich auf diese Möglichkeit der Parteienfinanzierung hingewiesen.

Europäisches Strafregister: Vier Monate nach dem Sexualmord an einer Freiburger Studentin fordert Baden-Württemberg einen besseren europaweiten Austausch über Daten von Straftätern. Der mutmaßliche Täter, ein Flüchtling aus Afghanistan, soll schon 2013 eine Gewalttat an einer jungen Frau auf der griechischen Insel Korfu begangen haben. Die deutschen Behörden wussten nichts davon. Nun soll das zentrale europäische Strafregisterinfor- mationssystem (ECRIS) erweitert werden.

DNA-Untersuchung: Die Polizei soll nach dem Willen von Baden-Württemberg und Bayern bei Ermittlungen nach schweren Straftaten auch Augen-, Haarfarbe und Hauttyp per DNA untersuchen dürfen. Der Bundesrat hat auch grundsätzlich keine Einwände gegen eine Ausweitung von Videotechnik. Erleichtert werden soll nach den Vorstellungen der Bundesregierung Videoüberwachung von öffentlichen Anlagen wie Sportplätzen und Einkaufszentren sowie des Nahverkehrs. Auch gegen den Einsatz von Bodycams bei der Bundespolizei haben die Länder keine Einwände.

Schutz von Stalking-Opfern: Stalking-Opfer sollen künftig besser geschützt und die Täter leichter verurteilt werden. Bislang war es für die Verurteilung notwendig, dass die Nachstellungen das Leben des Opfers schwerwiegend beeinträchtigt haben – etwa wenn die Person deshalb umgezogen ist oder den Job gewechselt hat. Künftig ist Stalking auch dann strafbar, wenn das Opfer sein Leben trotz der Nachstellungen nicht geändert hat.

Lkw-Maut: Der Weg für die Mitte 2018 angestrebte Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ist frei. Das gesamte, 39.000 Kilometer lange Netz soll damit mautpflichtig werden. Bisher wird die Nutzungsgebühr für Lkw ab 7,5 Tonnen auf den Autobahnen und 2300 Kilometern Bundesstraße kassiert. Mit der Ausdehnung sollen jährlich zwei Milliarden Euro mehr in die Bundeskasse kommen.

Cannabis auf Rezept: Cannabis auf Rezept wird für Schwerkranke in Deutschland freigegeben. Die Krankenkassen müssen die Therapie mit getrockneten Cannabisblüten dann bezahlen. Erwartet ein Arzt eine positive Wirkung auf Krankheitsverlauf oder Symptome, kann er Cannabis verschreiben.

Selbstverwaltung im Gesundheitswesen: Für die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen gelten künftig strengere Regeln. Das umstrittene Selbstverwaltungsstärkungsgesetz von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sieht vor, dass das Aufsichtsrecht seines Ressorts ausgeweitet wird, unter anderem durch eine „entsandte Person für besondere Angelegenheiten". Anlass für die Initiative waren Unregelmäßigkeiten bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

 Schwarzarbeit: Schwarzarbeit kann künftig stärker bekämpft werden. Dazu wurden rechtliche Möglichkeiten zu einem besseren Informationsaustausch geschaffen.

Assistenzhunde: Der Bundesrat forderte die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der es ermöglicht, Assistenzhunde in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen. Zudem soll er die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Hunde im Schwerbehindertenausweis eingetragen werden können. Für diese Hunde sollen künftig einheitliche Qualitätsstandards gelten.