Busunglück  18 Tote auf A9 geborgen

Eine Reisebus fährt auf der A9 bei Münchberg auf einen Sattelzug auf und gerät in Brand. Die Polizei geht von 18 Toten aus.

03.07.2017, 09:07

Münchberg (dpa) l Eine Reise endet in einer Tragödie: 18 Senioren sind beim Brand eines Reisebusses auf der Autobahn 9 in Nordbayern in den Flammen gestorben. 30 weitere Reisende wurden verletzt – einige von ihnen schwer. Die Opfer waren auf dem Weg aus Sachsen Richtung Gardasee. "Was wir gesehen haben, ist erschreckend, wie man es sich kaum vorstellen kann", sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Montag an der Unfallstelle.

Der Bus war am Morgen aus noch ungeklärter Ursache auf einen Lastwagen aufgefahren und in Brand geraten. Nur ein Stahlgerippe blieb übrig. In dem Fahrzeug saßen 46 Reisende sowie zwei Fahrer. In die Trauer mischt sich Ärger über Autofahrer, die die Rettungsgasse behinderten.

Kurz nach 7.00 Uhr war das Fahrzeug nahe Münchberg im Landkreis Hof, rund 30 Kilometer von der Grenze zu Thüringen entfernt, bei sich stauendem Verkehr auf den Sattelzug geprallt. Der Bus stand rasch "lichterloh in Flammen", wie ein Feuerwehrsprecher sagte. Auch der Anhänger des Sattelzugs brannte aus. Die Todesopfer waren zwischen 66 und 81 Jahre alt – auch einer der beiden Busfahrer ist unter ihnen. Zwei der Verletzten waren in den Stunden danach in Lebensgefahr. Der an dem Unfall beteiligte Lasterfahrer erlitt einen Schock.

Nur zehn Minuten nach dem Alarm seien die ersten Rettungskräfte am Unfallort gewesen, sagte Dobrindt. Doch aufgrund der großen Hitze hätten sie nichts mehr tun können. Diese Situation sei für die allesamt ehrenamtlichen Feuerwehrleute extrem hart gewesen, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Warum sich so schnell ein so heftiges Feuer entwickelt habe, müsse nun geklärt werden.

Herrmann beklagte zudem ein "völlig unverantwortliches und beschämendes Verhalten" mancher Autofahrer. Weil die Rettungsgasse nicht breit genug war, hätten vor allem die großen Einsatzfahrzeuge wertvolle Zeit verloren. Auf der Gegenfahrbahn hätten zudem einige Gaffer beinahe weitere Unfälle verursacht. Herrmann betonte trotzdem: "Es ist so schnell wie irgend möglich Hilfe geleistet worden." Etwa 100 Polizisten und mehr als 150 Rettungskräfte waren im Einsatz. Nach Angaben der Integrierten Leitstelle waren Bus und Lkw-Anhänger ineinander verkeilt, zeitweise habe auch ein angrenzender Wald gebrannt.

Bei der Reisegruppe handelte es sich um Männer und Frauen im Alter von 41 bis 81 Jahren, die überwiegend aus Sachsen kamen. Aber auch Reisende aus anderen Bundesländern waren laut dem sächsischen Innenstaatssekretär Michael Wilhelm (CDU) dabei. Dem brandenburgischem Innenministerium zufolge gehörten mindestens vier Brandenburger dazu, die das Unglück überlebten. Die Polizei wollte sich nicht detailliert zur Herkunft der Opfer äußern.

Der Bus gehörte nach dpa-Informationen einem Unternehmen aus dem sächsischen Löbau nahe Görlitz. Der Inhaber bestätigte der "Sächsischen Zeitung", dass der Bus dort in der Nacht mit dem Ziel Gardasee losgefahren war. Er habe in Weißwasser in der Oberlausitz, in Senftenberg (Brandenburg) und Dresden Fahrgäste aufgenommen.

Laut dem Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer war der Bus drei Jahre alt und zuletzt im April vom Tüv ohne Beanstandung überprüft worden. Der Fahrer, der den Reisebus zum Unfallzeitpunkt lenkte und starb, war demnach seit mehr als zehn Jahren bei seiner aktuellen Firma beschäftigt und wurde vor vier Jahren für langjähriges unfallfreies und sicheres Fahren ausgezeichnet.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) versprach eine schnelle Aufklärung der Unfallursache. Wie sein sächsischer Amtskollege Stanislaw Tillich (CDU) sprach der CSU-Chef den Angehörigen sein Beileid aus. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprachen ihr Mitgefühl aus. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker schrieb in einem Brief an Seehofer: "Die erschütternden Bilder des Busunglücks in Bayern haben mich zutiefst betroffen gemacht."

Der Bürgermeister des Marktes Stammbach, Karl Philipp Ehrler, sagte: "Das ist der schlimmste Unfall, den wir je auf unserem Gemeindegebiet hatten. Das ist der Wahnsinn. Das ist einfach katastrophal." Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick rief via Twitter zu Gebeten auf: "Beten wir für die Opfer, unsere Gedanken sind bei den Angehörigen."

Die Verletzten kamen in Krankenhäuser, wo sie auch von Seelsorgern betreut wurden. Auch die Rettungskräfte bekamen Hilfe von einem Kriseninterventionsteam. Für Angehörige wurde die zentrale Telefonnummer 0800/7766350 geschaltet. Die A9 in Richtung Süden blieb den ganzen Tag gesperrt. Es bildeten sich lange Staus.

Schon einmal hatte es auf der A9 nahe Münchberg ein schweres Unglück gegeben: Vor 27 Jahren kam es dort wegen dichten Nebels zu einer der schlimmsten Massenkarambolagen, die es je auf deutschen Straßen gegeben hat. Rund 100 Fahrzeuge waren damals in den Unfall verwickelt - zehn Menschen starben, 122 wurden verletzt.

Mit Blick auf den neuen Unfall sagte ein Experte, dass auch eine automatische Löscheinrichtung die Katastrophe kaum hätte verhindern können. Diese lösche im Motorraum, eventuell auch im Gepäckraum und in der Toilette, dürfe aber nicht im Innenraum löschen, sagte Johannes Hübner vom RDA Internationalen Bustouristik Verband in Köln. Die chemischen Löschmittel könnten Passagiere sonst beeinträchtigen.

Ein Experte des Tüv Rheinland nannte zudem eine abgerissene Kraftstoffleitung als mögliche Ursache. Dadurch könne Kraftstoff auf heiße Fahrzeugteile gelangen und das Ganze anfangen, zu brennen.