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Doppeltod Politiker soll Mann getötet haben

Zwei Leichen und eine menschliche Tragödie. Nach dem Tod eines bekannten Berliner Piraten-Politikers tun sich Abgründe auf.

20.09.2016, 23:01

Berlin (dpa) l Den Polizisten, die als erste die Wohnung des Berliner Piraten-Politikers Gerwald Claus-Brunner am Montag betraten, bot sich ein schlimmer Anblick. Von einem „schaurigen Bild“ schrieb die Berliner Polizei am Dienstag. Claus-Brunner und ein anderer Mann lagen tot in der Wohnung. Betroffenheit und Entsetzen nahmen am Tag nach der Todesnachricht zu, als Einzelheiten bekannt wurden: Nach ersten Erkenntnissen der Polizei hatte der 44-jährige Piraten-Politiker den anderen Mann getötet. Tage nach dieser Tat nahm sich Claus-Brunner, der mit seinen Latzhosen und Kopftüchern bekannt geworden war, selber das Leben.

Die genaueren Umstände sollte eine Mordkommission der Berliner Polizei noch ermitteln. Einige Details wurden aber schon mitgeteilt, vieles bleibt unklar. Laut Polizei wurde das Opfer, ein junger Mann, dessen Identität noch nicht endgültig geklärt ist, durch „stumpfe Gewalt gegen den Oberkörper“ getötet. Die Tat geschah aber nicht in der Mietwohnung von Brunner im Stadtteil Lichterfelde im Süden Berlins, sondern wohl in der Wohnung des Opfers, die in Wedding im Norden liegen soll. Von dort soll Claus-Brunner die Leiche in seine Wohnung gebracht haben.

Dort tötete er sich einige Tage später selber. Sprecher von Polizei und Staatsanwaltschaft wollten sich zu Details nicht äußern. Die Zeitungen „Bild“ und „B.Z.“ berichteten, Claus-Brunner, der Kommunikationselektroniker war und als Mechatroniker gearbeitet hatte, habe sich mit einem Stromschlag das Leben genommen. Die Staatsanwaltschaft bestätigte das nicht.

Ein Sprecher sagte aber, es gebe Hinweise, dass Claus-Brunner den jüngeren Mann gestalkt, also verfolgt und belästigt habe. Dazu werde ermittelt. Vermutlich wertet die Polizei dafür Daten der Handys und Computer der beiden Toten aus. Zeitungsberichte, nach denen der getötete Mann missbraucht worden sei, bestätigten die Ermittler ausdrücklich nicht. Die Piratenpartei hatte am Montag mitgeteilt, man habe von einer unheilbaren Krankheit des Abgeordneten gewusst.

Claus-Brunner gehörte zur bundesweit ersten Piratenfraktion. Sie zog 2011 überraschend mit 8,9 Prozent und 15 Abgeordneten in das Berliner Landesparlament ein. Bei der Wahl am vergangenen Sonntag erreichten die Piraten nur 1,7 Prozent der Wählerstimmen.

Am 23. Juni hatte Claus-Brunner in seiner letzten Rede im Abgeordnetenhaus eine Anspielung auf seinen bevorstehenden Tod gemacht: „Und ihr werdet auch in der laufenden Legislatur für mich am Anfang irgendeiner Plenarsitzung mal aufstehen dürfen und eine Minute stillschweigen.“ Am Freitag twitterte er zum letzten Mal: „Echter Kacktag heute, übertrifft sämtliche schlechten Tage, die ich je erlebt hatte bisher. Hoffe, das Wochenende machts besser.“ Am Montag ging bei den Piraten in Berlin ein Brief von Claus-Brunner ein. „Darin stand, dass er nicht mehr lebt“, berichtete der Piraten-Vorsitzende Bruno Kramm. Parteimitglieder verständigten daraufhin die Polizei.