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Gipfeltreffen Angleichung der Ostrente rückt näher

Finanzminister Schäuble wehrt sich auf Rentengipfel der Koalition gegen Finanzierung aus Steuergeldern.

Von Basil Wegener und Kristina Dunz 08.11.2016, 23:01

Berlin l Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hofft trotz aller Differenzen zwischen CDU, CSU und SPD noch auf eine Einigung über die im Koalitionsvertrag vereinbarten Rentenpläne. Zugleich machte Merkel am Dienstag in Berlin deutlich, bei Überlegungen zu längerfristigen Entwicklungen in der Rente werde es beim Koalitionstreffen am Abend keine abschließende Vereinbarungen geben. Dazu werde Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) im November erst noch ein Gesamtkonzept vorlegen. Die Positionen des Spitzentreffens im Überblick:

Doppelte Haltelinie: Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) will eine Mindestgrenze beim Rentenniveau für 2045 – aber ohne Explosion der Beiträge. Wie Nahles hat auch CSU-Chef Horst Seehofer von einer „doppelten Haltelinie“ gesprochen. Ohne Reformen dürfte das Verhältnis der Rente zum Durchschnittslohn laut Regierung bis 2045 von heute 47,8 auf 41,6 Prozent fallen, die Beiträge von 18,7 auf 23,4 Prozent steigen. Für ein stabileres Niveau als derzeit prognostiziert sind auch CDU-Rentenexperten, Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Der CDU-Wirtschaftsflügel warnt vor den Kosten.

Nahles wies unmittelbar vor dem Treffen darauf hin, dass sich das Rentenniveau entgegen den Berechnungen 2016 erhöht habe. „Nach den neuesten Zahlen aus dem Rentenversicherungsbericht ist das Rentenniveau 2016 nicht gesunken, sondern auf 48 Prozent leicht gestiegen.“ Das Rentenniveau ist das Verhältnis der Rente nach 45 Jahren Arbeit zum aktuellen Durchschnittseinkommen.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, eine Einigung in dieser Frage schließe sie nicht aus. Die Beitragszahler dürften allerdings nicht überfordert werden.

Der Linken-Abgeordnete Matthias Birkwald verlangte, diese Debatte zu stoppen. Er forderte die große Koalition auf, sich klar zur Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent zu bekennen. „Das ist auch finanzierbar, denn den Kosten von 50 Milliarden Euro stehen 36 Millionen Versicherten- und ebenso viele Arbeitgeberbeiträge gegenüber.“

Ost-West-Angleichung: Die SPD hält eine Einigung bei der geplanten Angleichung der Ost-Renten auf West-Niveau für möglich. „Wir wollen das auf der Grundlage des Konzeptes von Arbeitsministerin Andrea Nahles heute Abend verabreden“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Nahles will die Ostrenten bis 2020 vollständig auf Westniveau anheben. Das soll aber nicht aus der Rentenkasse finanziert werden. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wehrt sich gegen eine Steuerfinanzierung. Die eingezahlten Rentenbeiträge aus den im Schnitt geringeren Ostlöhnen sollen nach 2020 im Gegenzug nicht mehr höher bewertet werden. Ostdeutsche Unionspolitiker wehren sich dagegen, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Renteneinheit versprochen. Ein Kompromiss ist wahrscheinlich.

Mindestrente: Die SPD will zudem versuchen, von der Union grünes Licht für eine Mindestrente für Geringverdiener zu bekommen, die mindestens 40 Jahre lang gearbeitet haben. Von dem Vorhaben will sich die Koalition wohl verabschieden. Denn viele Kleinrentner sind wegen anderer Einkünfte oder Einkünften des Ehepartners gar nicht arm. Nahles will eine Alternative vorschlagen. Im Gespräch sind in der Koalition Zuschläge aus Steuermitteln und Freibeträge. Auch Erwerbsgeminderte sollen bessergestellt werden.

Mütterrente: Nicht im Koalitionsvertrag vereinbart ist die von der CSU verlangte weitere Ausweitung der Mütterrente. Danach sollen Mütter, die vor 1992 Kinder zur Welt gebracht haben, denen mit jüngeren Kindern gleichgestellt werden und drei Jahre Kindererziehungszeiten bei der Rente angerechnet bekommen. CDU und SPD sind wegen der hohen Kosten dagegen.

Betriebsrente: Per Gesetz soll die betriebliche Altersvorsorge neuen Schub bekommen: Für Unternehmen soll sie durch den Wegfall von Rentengarantien erleichtert werden, dazu sind neue Zuschüsse und eine höhere Steuerförderung geplant. Ein Entwurf ist fertig und soll bald ins Gesetzgebungsverfahren kommen.

Selbständige: Nahles will die Absicherung der Selbständigen im Alter stärken. Doch während die SPD eine Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung favorisiert, will die Union die Betroffenen nicht gleich dort hineinzwingen.

Rentenalter: Schäuble ist für einen weiteren Anstieg des Rentenalters – durch eine Kopplung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung. Fest vorgesehen ist ein Anstieg bis 2029 auf 67 Jahre. Die SPD will keinesfalls mehr – die Einigungschancen sind gering.