Kanzlerkandidatur Aufschub in der K-Frage

Die SPD will sich Ende Januar auf einen Kandidaten festlegen. Sigmar Gabriel will erst ein starkes Wahlprogramm.

21.11.2016, 23:01

Berlin (dpa) l Gleich drei Leute hat die SPD auf die Bühne geschickt. Thomas Oppermann, Manuela Schwesig, Katarina Barley. Aber einer fehlt. Wo ist der Kanzlerkandidat? Der sitzt oben in den Gremien. Gemeint ist Sigmar Gabriel. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird er 2017 gegen Angela Merkel antreten. Aber die SPD will das jetzt noch nicht verkünden. Einerseits, weil das so aussehen würde, als ob die Sozialdemokraten hinter der Kanzlerin herhecheln. Andererseits, weil mit letzter Gewissheit auch an diesem Montag in der SPD niemand sagen will, ob Gabriel es sich nicht vielleicht doch noch einmal anders überlegt.

So spielt die SPD auf Zeit. Im Präsidium und im SPD-Vorstand lässt sich Gabriel absegnen, dass es beim verabredeten Zeitplan bleiben soll. Auf der Vorstandsklausur am 29./30. Januar 2017 – Ort noch offen – soll die K-Frage beantwortet werden. Die SPD will es aus ihrer Sicht besser als die Union machen. Erst ein starkes Wahlprogramm erarbeiten, dann den Kandidaten aufstellen.

Gabriel, gestärkt durch den Steinmeier-Coup, wirbt dieser Tage um Vertrauen. „Richtung, Programm, Person“, lautet die Marschroute des Vorsitzenden. Vor vier Jahren ging das schief. Die Troika aus Gabriel, Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier wollte dichthalten. Dann erzählte Steinmeier im kleinen Kreis, dass er es nach 2009 nicht noch einmal mache. Die Nachricht wurde öffentlich. Das Drehbuch war im Eimer. Das soll sich nun auf keinen Fall wiederholen. Die SPD legt sich ein zehnwöchiges Schweigegelübde auf.

Anders als Gabriel bekannte sich Merkel bereits zur Kanzlerkandidatur. Die erstmals 2005 zur Kanzlerin gewählte CDU-Vorsitzende Merkel hatte das am Sonntag nach längeren Überlegungen bekanntgegeben.

Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), hat die erneute Kanzlerkandidatur von CDU-Chefin Angela Merkel begrüßt. „Wir waren alle erleichtert“, gab er die Stimmung nach Merkels Erklärung im CDU-Präsidium wieder. Merkel zeige damit, dass sie die Verantwortung in einer schwierigen Situation international, in Europa und in Deutschland weiter wahrnehmen wolle, sagte Haseloff am Sonntagabend in der ARD.

Die stellvertretende SPD-Chefin Manuela Schwesig betonte, ihre Partei wolle nicht wieder in einer großen Koalition landen und „den Kanzler stellen“. Ihr Ko-Parteivize Ralf Stegner hatte zuvor im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur gesagt, die SPD könne selbstbewusst in den Bundestagswahlkampf gegen Merkel gehen. „Wir unterschätzen sie nicht. Aber ihr Mythos der Unbesiegbarkeit ist weg.“

Auch Merkel selbst will Komplikationen nicht ausschließen. „Diese Wahl wird wie keine zuvor – jedenfalls seit der deutschen Einheit nicht – schwierig“, sagte Merkel am Sonntagabend.

Die CDU-Spitze will derweil mit ihrem Leitantrag für den Bundesparteitag im Dezember Aufbruchstimmung im Land verbreiten. Das vom Parteivorstand einstimmig verabschiedete Papier sei nicht nur auf Merkel, sondern die ganze CDU zugeschnitten. Darin fordert die CDU unter anderem ein Vollverschleierungsverbot. Dass der CSU von Parteichef Horst Seehofer die CDU-Formulierungen zum Streitthema Flüchtlinge ausreichen, ist kaum zu erwarten. Auf die von Seehofer verlangte Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr lassen sich Merkel und die Christdemokraten allerdings erwartungsgemäß nicht ein.