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Kriminalstatistik Mehr Gewalttaten, weniger Einbrüche

Die Zahl der Straftaten in Deutschland bleibt konstant. Gewaltdelikte wie Mord und Totschlag nahmen zu, Wohnungseinbrüche dagegen ab.

24.04.2017, 12:42

Berlin (dpa) l Molotowcocktails flogen auf bewohnte Flüchtlingsunterkünfte, Ausländer wurden ins Gleisbett geschubst – allein 18 Fälle von rechten "Tötungsversuchen" zählte die Polizei im vergangenen Jahr. In einem weiteren Fall blieb es nicht beim bloßen Versuch: Mitte Oktober 2016 erschoss ein selbsternannter "Reichsbürger" in Georgensgmünd bei Nürnberg einen Polizisten, als dieser mit Kollegen anrückte, um die Waffen des Mannes zu beschlagnahmen. "Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an, sondern behaupten, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Die Gruppe wird als rechtsextrem eingestuft.

Diese 19 Fälle waren lediglich die rechtsmotivierten Tötungsdelikte – "versuchte" und "vollendete", wie es im Polizeistatistik-Deutsch heißt. Andere kommen hinzu, etwa von Linksextremen oder ausländischen Gruppen. Die Zahl der versuchten und tatsächlichen Tötungen, die politisch motiviert waren, verdoppelte sich 2016 im Vergleich zum Vorjahr – auf mehr als 40 Fälle.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat nicht wirklich gute Nachrichten dabei, als er an diesem Montag in Berlin neben der allgemeinen Verbrechensstatistik für 2016 auch die Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität im vergangenen Jahr vorlegt. Die habe zum vierten Mal einen Höchststand erreicht – mit gut 41 000 Straftaten, sagt de Maizière. "Das ist inakzeptabel." Vor allem die große Brutalität, mit der vorgegangen werde, mache fassungslos.

Die Zahl der rechten Gewalttaten legte 2016 um mehr als 14 Prozent zu. Fast 1400 Körperverletzungen mit rechtsextremem Hintergrund waren darunter. Die Zahl der rechten Straftaten insgesamt stabilisierte sich auf Rekordniveau – bei rund 23.500.

In der linken Szene ging es 2016 etwas ruhiger zu: Die Zahl der Straftaten blieb in etwa gleich (9389), die Zahl der linken Gewaltdelikte ging fast um ein Viertel zurück auf 1702. De Maizière meint, das liege aber nur daran, dass keine besonderen Großereignisse anstanden, die üblicherweise die linke Szene mobilisieren. "Das wird sich in diesem Jahr vermutlich ändern, mit drei Landtagswahlen und dem G-20-Gipfel." Eine Entspannung sei insgesamt nicht zu erwarten.

In einem anderen Feld gingen die Zahlen 2016 noch dazu deutlich nach oben – wenn auch auf weitaus niedrigerem Niveau: bei der "politisch motivierten Ausländerkriminalität". Hier geht es um Straftaten, die "durch aus dem Ausland 'importierte' Ideologien motiviert" sind. Die Zahl der Straftaten stieg hier um 66,5 Prozent auf 3372, die Zahl der Gewalttaten nahm sogar um 73 Prozent zu. Hintergrund dafür sind laut Polizei vor allem innertürkische Konflikte, die auch in Deutschland ausgetragen werden. Das ist nicht neu, hat nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden aber zugenommen.

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen beklagte zuletzt vor ein paar Wochen, die Konflikte in der Türkei hätten auch Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland. Es bestehe die Gefahr, dass "Stellvertreter-Auseinandersetzungen" zwischen Anhängern der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK und nationalistischen Türken hierzulande eskalierten.

Und auch der islamistische Terror gehört zur politisch motivierten Kriminalität in Deutschland. Das vergangene Jahr geht hier auf besonders düstere Art in die Statistik ein: mit den Attentaten in Würzburg und Ansbach – und dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, bei dem kurz vor Weihnachten zwölf Menschen ums Leben kamen.

De Maizière betont, die Fälle von politisch motivierter Kriminalität hätten gegenüber den allgemeinen Kriminalitätszahlen (etwa sechs Millionen) zahlenmäßig zwar nur eine vergleichsweise kleine Bedeutung. Ihre Tragweite für das Zusammenleben in Deutschland sei aber enorm. Es gehe um Straftaten, "die von Hass getragen sind, die sich gegen Minderheiten richten und mit denen die Verfassung außer Kraft gesetzt werden soll". Er sehe darin "eine Art Seismograf" für die Stimmung in der Gesellschaft. Um die scheint es dann schlecht bestellt.