LandtagswahlZitterpartie an der Saar

Wenige Tage vor der Landtagswahl im kleinsten Flächenland sind CDU und SPD fast gleichauf.

Von Birgit Reichert 23.03.2017, 23:01

Saarbrücken l Es wird spannend an der Saar. Zwei Frauen wollen Ministerpräsidentin werden – und das Rennen ist absolut offen. Schafft es wieder Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU)? Oder übernimmt ihre Herausforderin Anke Rehlinger (SPD) nach der Landtagswahl am kommenden Sonntag das Zepter? Lange sah alles nach einer Neuauflage von Schwarz-Rot aus, mit Kramp-Karrenbauer an der Spitze. Doch dann kam SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz – und plötzlich ist im kleinsten Flächenland der Republik auch ein rot-rotes Bündnis möglich geworden.

Für die Sozialdemokraten mit ihrem neuen Star Schulz wäre das ein Auftakt nach Maß im Wahljahr 2017, das von der Bundestagswahl am 24. September gekrönt wird. Am 7. Mai steht die Landtagswahl in Schleswig-Holstein an, bevor eine Woche drauf am 14. Mai in Nordrhein-Westfalen die große Generalprobe für den Bund steigt. Bei der SPD in Berlin halten sie mittlerweile ein „Schulz-Triple“ auf Länderebene für möglich.

Für die CDU von Kanzlerin Angela Merkel wäre eine Niederlage an der Saar eine bittere Pille. Die Übermacht der SPD in den Ländern würde weiter wachsen. Die Union stellt derzeit in nur noch 5 von 16 Bundesländern den Regierungschef, die SPD in 9. Gestern reiste die Kanzlerin ins Saarland.

In jüngsten Umfragen sieht man den „Schulz-Effekt“: Die SPD legte deutlich zu, mal um sieben, mal um acht, mal um neun Prozentpunkte – auf bis zu 34 Prozent. Die CDU blieb demnach aber stärkste Kraft mit bis zu 37 Prozent. Die Linke landet bei 12 bis 13 Prozent. Die AfD zöge mit um die 7 Prozent in den Landtag ein. Grüne und FDP müssen bangen.

Ein „paar Prozentpunkte“ zusätzlich werde die Saar-SPD mit dem „Schulz-Hype“ kassieren, meint auch der Parteienforscher Uwe Jun von der Universität Trier. Und wenn es für eine Koalition mit der Linken reiche, werde die SPD sie vermutlich auch umsetzen. „Da wird der Druck aus der Partei groß sein: Es dürfte Rehlinger dann schwerfallen, das Amt der Ministerpräsidentin auszuschlagen“, sagt der Politikwissenschaftler.

In der Tat, die SPD-Vize-Regierungschefin Anke Rehlinger (40) spricht von einer „sensationellen Aufbruchsstimmung“ in ihrer Partei. Rehlinger trifft vor der Wahl keine Koalitionsaussage, hält sich ein Bündnis mit den Linken offen. „Am Wahltag werden die Karten neu gemischt“, sagt sie selbstbewusst. Das ärgert Kramp-Karrenbauer (54), die sich bereits vergangenes Jahr klar zur Fortsetzung der Großen Koalition in dem Land mit rund einer Million Einwohnern bekannt hat. „Es ist alles verdammt knapp“, sagt sie jetzt. Das gemeinsame „Projekt“ sei noch nicht abgeschlossen. Damit meint die CDU-Frau vor allem, den Konsolidierungskurs des hoch verschuldeten Landes zu halten, um mit den neu geregelten Bund-Länder-Finanzen ab 2020 jährlich 500 Millionen Euro zusätzlich zu bekommen.

Käme es am Ende zu Rot-Rot-Grün oder gar Rot-Rot, hätte das für den Bundestagswahlkampf Folgen – auch wenn das Votum von rund 800 000 Wahlberechtigten an der Saar nicht das Maß aller Dinge ist. Im Westen hat es die Linkspartei noch nie in eine Regierung geschafft, in Thüringen arbeitet der erste linke Ministerpräsident Bodo Ramelow effizient. Die Union würde in alter „Rote-Socken“-Manier eine linke Saar-Koalition als Beleg dafür nehmen, dass auch im Bund ein Linksruck bevorstünde.