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Feier zum Kriegsende China zeigt seinen Machtanspruch

Militärparade in Peking zum 70. Jahrestag des Kriegsendes. Gäste sind auch Wladimir Putin, Gerhard Schröder und Tony Blair.

02.09.2015, 23:01

Peking (dpa) l Es wird die größte Militärparade in der Geschichte der Volksrepublik. 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Asien feiert China am heutigen Donnerstag in Peking erstmals den Jahrestag der Niederlage Japans mit einer gigantischen Waffenschau. 12 000 Soldaten marschieren durch die Hauptstadt. Rund 500 gepanzerte Fahrzeuge rollen über die „Straße des Ewigen Friedens“. In Formationen fliegen 200 Militärflugzeuge über die Parade hinweg. China führt auch atomar bestückbare Interkontinentalraketen vor. Mehr als 80 Prozent der Waffensysteme wurden noch nie gezeigt.

„Nach innen dient die Show dazu, die Autorität von Staats- und Parteichef Xi Jinping zu demonstrieren“, sagt Professor Shi Yinhong von der Volksuniversität in Peking. „Nach außen sollen die wachsende Stärke der chinesischen Wirtschaft und Chinas Fähigkeit gezeigt werden, dabei zu helfen, die internationale Ordnung zu schützen.“

Rund 30 ausländische Staatsgäste nehmen teil, allen voran Russlands Präsident Wladimir Putin, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Präsidentin Park Geun-hye aus Südkorea, das auch unter Japans Aggression gelitten hatte. Ansonsten ist die Liste der Teilnehmer wenig beeindruckend, wenn nicht gar bedrückend: So reist sogar Sudans Präsident Omar al-Baschir, der vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Kriegsverbrechen und Völkermordes gesucht wird, nach Peking. China erkennt den internationalen Haftbefehl gegen ihn nicht an.

Die kommunistische Führung hat sich sehr um respektierte Staatsgäste für den „Gedenktag zum Sieg im chinesischen Volkskrieg gegen die japanische Invasion und im Krieg gegen den Faschismus“ bemüht. Um nicht vorgeführt zu werden, schlug aber Japans rechtskonservativer Ministerpräsident Shinzo Abe eine Einladung aus. Dafür kommt Ex-Ministerpräsident Tomiichi Murayama, der 1995 eine Entschuldigung für die Kriegstaten ausgesprochen hatte.

Die USA oder Deutschland schicken nur ihre Botschafter. Frankreich wird durch Außenminister Laurent Fabius repräsentiert. Als „Freunde Chinas“ reisen Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der frühere britische Premierminister Tony Blair an, der heute geschäftlich mit China zu tun hat. Als einer der wenigen europäischen Spitzenpolitiker kommt Tschechiens Präsident Milos Zeman, was ihm daheim den Vorwurf der „Arschkriecherei“ einbrachte.

Immerhin nehmen 1000 Soldaten aus 17 Ländern wie Russland, Kuba, Kasachstan, Mexiko, Pakistan und Serbien an der Waffenschau teil. Doch heikel ist die Militärparade nicht nur wegen des chinesischen Säbelrasselns in den Inselstreitigkeiten mit seinen Nachbarn, sondern auch deswegen, weil sie am Platz des Himmlischen Friedens abgenommen wird, wo die Volksbefreiungsarmee 1989 die friedliche Demokratiebewegung blutig niedergeschlagen hatte.

Für die waffenstarrenden Gedenkfeiern herrscht in der Hauptstadt schon der Ausnahmezustand. Hunderttausende Freiwillige sorgen auf den Straßen für Ordnung. Damit der sonst übliche Smog nicht die Sonne und den blauen Himmel über den Soldaten verdunkelt, mussten in Peking und angrenzenden Provinzen seit Mitte August mehr als 10 000 Fabriken die Produktion einstellen oder herunterfahren. Auf fast so vielen Baustellen liegt nach Angaben der Staatsmedien die Arbeit brach.

In der Hauptstadt wurde die Hälfte der Autos von den Straßen geholt. Je nach Nummernschild darf nur an geraden oder ungeraden Tagen gefahren werden. Die Maßnahmen zielten auch auf die neuntägige Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Peking und dauern bis Ende der Woche an.

Für die Militärparade wurde sogar der Schulbeginn für Schüler und Studenten verschoben. Der Kaiserpalast im Herzen der Hauptstadt, Ziel von Millionen Touristen jedes Jahr, ist fast zwei Wochen geschlossen. Das Internet wird besonders scharf zensiert und Tunnelverbindungen, mit denen Sperren umgangen werden können, werden stärker als sonst gestört.

Der Sicherheitsaufwand ist enorm. An Zufahrtsstraßen, auf denen die Panzer anrollen, werden Läden geschlossen und Anwohner angewiesen, vom Vorabend bis nach der Parade nicht vor die Tür zu gehen. „Laden Sie keine Gäste ein, bleiben Sie im Haus, öffnen Sie nicht die Fenster und machen Sie keine Fotos, sonst könnte man Sie für Terroristen halten“, warnte eine Mitarbeiterin der Hausverwaltung.