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Asylpolitik Koalition will schneller abschieben

Die Bundesregierung will ihre Asylpolitik weiter verschärfen und stößt damit auf Kritik. Mittwochabend wurden 18 Asylbewerber ausgeflogen.

22.02.2017, 11:46

Berlin/München (dpa) l Die Bundesregierung will Ausländer ohne Bleiberecht konsequenter abschieben und sogenannte Gefährder besser kontrollieren. Das ist das Ziel eines am Mittwoch vom Kabinett verabschiedeten Gesetzentwurfs. Besonders umstritten sind Pläne, Handydaten von Asylbewerbern auszuwerten, um deren Identität zu klären. Eine am Mittwochabend erfolgte Sammelabschiebung von 18 abgelehnten Asylbewerbern nach Afghanistan stieß auf massive Kritik. Es ist bereits die dritte Sammelabschiebung seit Ende vergangenen Jahres. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärte, abgelehnte Asylbewerber müssten Deutschland wieder verlassen und in ihre Heimatstaaten zurückkehren. „Es gehört zu einem Rechtsstaat dazu, dass bestandskräftige Ablehnungsbescheide des Bundesamtes auch vollzogen werden.“ Am Müchner Flughafen protestierten rund 250 Menschen. „Das ist unverantwortlich“, sagte etwa die 70 Jahre alte Maria Brand vom Helferkreis im oberbayerischen Erding zur Begründung. Zu der Protestaktion gegen die auch bundesweit umstrittene Sammelabschiebung hatte der Bayerische Flüchtlingsrat aufgerufen.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte die Verschärfung der Abschiebepraxis. Wenn Ausreisepflichtige nicht freiwillig in ihr Heimatland zurückkehrten, müsse die Abschiebung ein „mögliches und richtiges Mittel“ bleiben, sagte er.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Gefährder, denen Anschläge und andere schwere Straftaten zugetraut werden, leichter in Abschiebehaft genommen werden können. Sie sollen auch durch elektronische Fußfesseln am Untertauchen gehindert werden können. Die Höchstdauer des Abschiebegewahrsams wird von vier auf zehn Tage verlängert.

Wer falsche Angaben über seine Identität macht, muss mit Einschränkungen seiner Bewegungsfreiheit rechnen. Ebenso muss diesen Ausreisepflichtigen der Widerruf einer Duldung nicht mehr angekündigt werden, auch wenn sie bereits ein Jahr lang geduldet in Deutschland sind. Zudem soll das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) die Möglichkeit erhalten, Handys und andere Datenträger von Asylbewerbern auszulesen. De Maizière betonte, ein derartiges Vorgehen sei nicht neu. Die Ausländerbehörden hätten bereits heute solche Befugnisse.

Die Verschärfung des Asylrechts löst nach Ansicht von CSU-Chef Horst Seehofer nicht die Probleme bei der Zuwanderung. „Das reicht natürlich nicht“, sagte er in München. Die CSU würde sich nach wie vor wünschen, dass bereits an den Grenzen über die Asylanträge entschieden werde, „in kürzerer Zeit und rechtsstaatlich einwandfrei“.

Viele Verbände und Hilfsorganisationen lehnen die Regierungspläne ab: Pro Asyl kritisierte, mit dem Gesetz drohten eine „Brutalisierung der Abschiebepraxis“ und der „gläserne Flüchtling“. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) nannte den neu geschaffenen Haftgrund für Gefährder „unlogisch und unnötig“. Schon jetzt könne die Haft in Ausnahmefällen auf insgesamt 18 Monate verlängert werden

Auch bei den Linken stoßen die Pläne auf große Vorbehalte. „Handys und Computer gehören zu dem besonders schützenswerten Bereich der Privatsphäre“, sagte Parteichefin Katja Kipping.

Aus Sicht der Kritiker ist Afghanistan aber kein sicheres Land. Mehrere Bundesländer lehnen daher eine Beteiligung an der Aktion ab. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sagte am Mittwoch: „Sie sehen mich zutiefst enttäuscht von der Position der Bundesre- gierung.“