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Bundespräsident Wer zieht ins Schloss Bellevue?

Noch kein Sieger im Präsidenten-Poker: Während die SPD an ihrem Kandidaten Steinmeier festhält, sucht die Kanzlerin weiter.

07.11.2016, 23:01

Berlin (dpa) l Die Spitzen der Koalitionsparteien wollen am Freitag in Berlin einen neuen Versuch unternehmen, sich doch noch auf einen gemeinsamen Kandidaten für die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck zu einigen. Das teilte CDU-Generalsekretär Peter Tauber am Montag in Berlin mit. Am Sonntag war ein Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chef Sigmar Gabriel und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer ohne Ergebnis geblieben.

Nach Angaben Taubers führt Merkel derzeit zahlreiche Gespräche mit dem Ziel, einen gemeinsamen Kandidaten von Union und SPD zu finden. Der CDU-Generalsekretär wollte keine mögliche Lösung ausschließen – auch nicht, dass die Union Gabriels Vorstoß für Steinmeier doch noch mitträgt. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warb am Montag noch einmal um Unterstützung für Steinmeier. Die Union solle über ihren Schatten springen, sagte Oppermann in Berlin.

Ein weiterer Faktor: Unter den 1260 Wahlmännern und -frauen in der Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten wählt, haben die Unionsparteien zwar deutlich mehr Stimmen als SPD und Grüne zusammen, aber keine absolute Mehrheit. Dafür fehlen CDU und CSU knapp 90 Stimmen. Neben Steinmeier werden seit Wochen immer wieder Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) genannt. Letzterer schied gestern aus dem Rennen aus. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen machte Merkel in der Sitzung des CDU-Präsidiums im Beisein Lammerts deutlich, dass dieser nicht als Kandidat antreten werde. Weitere mögliche Kandidaten sind:

● ANNEGRET KRAMP-KARRENBAUER (54): Die saarländische CDU-Ministerpräsidentin gilt als modern, kann auch mit den Grünen. Aber im März 2017 wird im Saarland gewählt. Dennoch wird sie bei manchen in Berlin als heißer Tipp für die Gauck-Nachfolge genannt.

● VOLKER BOUFFIER (64): Der hessische CDU-Regierungschef ist bei den Grünen wohl gelitten, schließlich führt er geräuschlos die schwarz-grüne Koalition in Wiesbaden. Will aber dem Vernehmen nach im Hessenland bleiben.

● ANDREAS VOSSKUHLE (52): Er wäre der ideale Konsenskandidat für Schwarz-Rot. Der auf SPD-Ticket nach Karlsruhe gekommene Präsident des Bundesverfassungsgerichts war schon 2012 Merkels Favorit. Damals lehnte er das schwarz-gelbe Angebot ab.

● WOLFGANG HUBER (74): Der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende zählt seit Jahren zum Kandidatenkreis. Aber nach dem ehemaligen DDR-Pastor Gauck schon wieder ein evangelischer Geistlicher?

● MONIKA GRÜTTERS (54): Die Kulturstaatsministerin hat Merkels Vertrauen, soll bald den Vorsitz der Hauptstadt-CDU übernehmen und dort aufräumen.

● WINFRIED KRETSCHMANN (68): Der Ministerpräsident aus Stuttgart bekam gerade Ärger von seinen Grünen, als er sich wieder als Fan der Kanzlerin outete. Würde Merkel ihn ins Schloss Bellevue schicken, wäre das aber wohl ein zu starkes Signal für eine schwarz-grüne Koalition im Bund.

● WOLFGANG SCHÄUBLE (73): Vor zwölf Jahren verhinderte Merkel den Aufstieg des Rivalen ins höchste Staatsamt. Schäuble macht den Eindruck, dass er sich als Finanzminister pudelwohl fühlt. Er genießt die Rolle des „Nebenkanzlers“. Und er ist nicht mehr der Jüngste.

Der nächste Bundespräsident wird am 12. Februar von der Bundesversammlung gewählt. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sprach sich bei n-tv für eine Frau im höchsten Staatsamt aus. FDP-Chef Christian Lindner forderte Union und SPD auf, mit offenem Visier zu kämpfen. „Die Suche nach einem Konsenskandidaten entwickelt sich zu einer Peinlichkeit“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Gauck hatte im Juni erklärt, er stehe aus Altersgründen nicht für eine zweite Amtszeit zur Verfügung.