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Bundeswehr Zwischen Aufräumen und Aktionismus

41 Devotionalien der Wehrmacht wurden bei Kasernen-Durchsuchungen gefunden. Und was bedeutet das nun?

Von Nico Pointner 17.05.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen spricht nicht mehr von „Säuberungen“ wie noch vor wenigen Tagen. Tagelang haben Verbandschefs und Kompanieführer die Kasernen der Bundeswehr durchsuchen lassen, die Soldaten sind durch die Räume gegangen, haben nach Stahlhelmen Ausschau gehalten, nach Sprüchen, Andenken, Waffen und Zeichnungen aus einer düsteren Epoche deutscher Geschichte. Zum Ergebnis des Großreinemachens äußert sich von der Leyen nur vage. „Es wäre jetzt nicht richtig, mit einer einzelnen Zahl zu kommen, weil die Qualität ganz unterschiedlich ist“, sagt sie.

Grund für die Aufräumaktion waren Funde in Illkirch. Dort, wo der terrorverdächtige Oberleutnant Franco A. seinen Dienst verrichtete, wohl einen Anschlag plante, da entdeckten sie in einem Gemeinschaftsraum Wehrmachtshelme im Regal und heroische Landser-Malereien an der Wand. Dort wurden beim Bier düstere Zeiten glorifiziert.

Von der Leyen flog mit der versammelten Hauptstadtpresse hin, um sich ein Bild zu machen von den Devotionalien. Sie kündigte rechtsextremen Umtrieben den Kampf an. „Monothematisch“ sei der Raum eingerichtet worden, sagte von der Leyen am Mittwoch. Dabei zierten in Illkirch auch Gegenstände aus anderen historischen Epochen den Raum.

Vergleichbares habe man nach der Durchsuchung nicht mehr gefunden, sagt von der Leyen. Und vieles sei der Gedankenlosigkeit und Unwissen geschuldet, es herrsche einfach eine große Unsicherheit unter den Soldaten im Umgang mit der Geschichte, bilanziert sie. „Aber es hat natürlich unterschiedliche Formen der Meldungen gegeben.“

Was aber genau wo gefunden wurde und wie viel, und inwieweit das belegt, dass die Bundeswehr ein Problem im Umgang mit der Wehrmacht hat oder ein Führungsproblem, dazu sagt sie nichts. Später dringt aus dem Verteidigungsausschuss, dass 41 Objekte gefunden wurden. Unter anderem wurden ein paar Münzen mit Wehrmachtsmotiven und Wandbilder entdeckt, auch ein Modellflugzeug der Wehrmacht soll dabei gewesen sein. „Nicht bahnbrechend, aber das war auch nicht das Ziel“, heißt es aus Ministeriumskreisen.

Man habe meist nicht feststellen können, wer die Andenken platziert habe. 41 Objekte. „Ich kann nicht bewerten, ob das viel oder wenig ist“, sagt SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold. Klar müssten solche Dinge verschwinden. Aber mit der Durchsuchung habe von der Leyen die Misstrauenskultur in der Truppe massiv verschärft. „Es geht einfach nicht, dass Stuben durchwühlt werden, ohne dass die Soldaten, die darin leben, selbst anwesend sind“, schimpft Arnold.

„Ich bin erstaunt über die geringe Menge, die gefunden wurde“, meint der Obmann der Linken im Verteidigungsausschuss, Alexander Neu. Er halte es für möglich, dass vor den Besuchen etwas beiseite geräumt worden sei. „Das ist für mich nicht wirklich ein alarmierendes Ergebnis“, sagt auch der sicherheitspolitische Sprecher der CSU-Bundestagsabgeordneten, Florian Hahn.

Das sei doch ein Zeichen, dass es sich doch nicht um ein großflächiges Problem handle. Dabei hörte man in den vergangenen Tagen aus der Bundeswehr, es werde im Zusammenhang mit rechten Umtrieben in der Truppe noch einiges hochkommen, es werde auch nicht bei ein paar Wehrmachtshelmen bleiben. War das Großreinemachen der Ministerin am Ende nicht viel mehr als Schaufensterpolitik?

Klar ist: Andenken an Hitlers Armee ohne historische Einordnung sollen künftig jedenfalls tabu sein. Von der Leyen will eine „Nulllinie“ ziehen. Und von der Leyen will generell Bräuche und Sitten, Rituale und Zeremonien auf den Prüfstand stellen.

Sie will den Soldaten Handlungssicherheit geben. Doch gerade aufgrund der aktuellen politischen Debatte wirken die Soldaten verunsicherter denn je. Und die Opposition prügelt unablässig auf von der Leyen ein, schließlich steht in wenigen Monaten die Bundestagswahl an.

Von der Leyen kann gerade wenig richtig machen. Schaltet sie einen Gang zurück bei der Bekämpfung der Missstände in der Truppe, wird ihr Untätigkeit vorgeworfen.

Aber je größer sie die Gegenmaßnahmen aufzieht, desto mehr wird ihr Aktionismus vorgehalten, desto mehr entfremdet sie sich von ihren Soldaten – und macht sich selbst angreifbar, schließlich ist sie seit fast vier Jahren als Oberbefehlshaberin für der Truppe verantwortlich.