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Burka-Verbot Kopftuch-Debatte nimmt kein Ende

Burka, Nikab und Co.: Verschleierung in Deutschland beschäftigt Behörden und Parteien.

26.08.2016, 05:36

Berlin l In Deutschland ist das Thema der Gesichtsverschleierung (Nikab) und die Ganzkörperverschleierung (Burka) Streitthema in Gerichten und Ministerien. Am Montag hatte das Verwaltungsgericht Osnabrück den Antrag einer Muslima abgelehnt, im Unterricht am Abendgymnasium einen Gesichtsschleier tragen zu dürfen.

Am Mittwoch hatte die Bürgermeisterin der brandenburgischen Stadt Luckenwalde, Elisabeth Herzog-von der Heide (SPD), einer palästinensischen Praktikantin nach einem Tag gekündigt, weil die 48-Jährige bei der Arbeit ihr Kopftuch nicht abnehmen wollte. Ein Kopftuch wohlgemerkt, keine Burka oder eine Nikab.

Parteikollege Burkhard Lischka, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und Vorsitzender der SPD in Sachsen-Anhalt, hält die Debatte um das Burka-Verbot für überzogen: „Bekanntlich werden in der Ostsee häufiger Buckelwale gesichtet als Burka-Trägerinnen in Deutschland“, sagte der Politiker zu der Forderung der Unions-Innenminister nach einem Verbot der Vollverschleierung in bestimmten Situationen.

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sprach sich für das von Teilen der CDU geplante Burka-Verbot aus.

Die Burka sei frauenfeindlich und gehöre nicht zur deutschen Kultur, sagte Stahlknecht am vergangenen Freitag dem Mitteldeutschen Rundfunk. Wenn er mit seiner Frau in ein Land fahre, in dem man Kopftuch tragen müsse, passe er sich auch an, zitierte der Sender Stahlknecht weiter.

Die Nahost-Historikerin Ulrike Freitag, die sich in die Debatte einschaltet, findet es richtig, muslimischen Schülerinnen in Deutschland das Tragen eines Gesichtsschleiers zu verbieten. „In Schulen, Ämtern und vor Gericht hat er nichts verloren“, sagte die Direktorin des Zentrums Moderner Orient in Berlin.

Wenn eine Schülerin den Nikab vor männlichen Mitschülern und Lehrern nicht ablegen wolle, bleibe ihr immer noch die Möglichkeit, auf eine Mädchenschule zu wechseln.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat das Urteil des Osnabrücker Verwaltungsgerichts begrüßt, wonach die Schülerin des Abendgymnasium ihr Nikab ablegen müsse. Ihm leuchte die Entscheidung ein, sagte Weil der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitagsausgabe). „Wer kommunizieren will, und das muss man in der Schule, dem muss man auch ins Gesicht sehen können.“

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält dagegen: Ein Verbot der Vollverschleierung ist der vollkommen falsche Weg. „Wir dürfen Frauen nicht nur deswegen von Bildung ausschließen, weil sie Burka oder Nikab tragen“, sagte Ilka Hoffmann vom GEW-Hauptvorstand. Schule sei für vollverschleierte Mädchen aus strengkonservativen islamischen Haushalten oft die einzige Möglichkeit, Kontakt zu Gleichaltrigen aufzunehmen.

Ein Verbot von Verschleierung hätte auch Einfluss auf die gesellschaftliche Situation der Muslima. Ein grundsätzliches Verbot von Nikab oder Burka in der Öffentlichkeit schließt Niedersachsens Ministerpräsident Weil aus. Zwar seien beides Symbole für die Unterdrückung von Frauen. Doch: „Ein Verbot dürfte wenig bringen oder sogar dazu führen, dass sich die Frauen noch weniger in der Öffentlichkeit zeigen dürfen als jetzt“, erklärte der Ministerpräsident.

Etwas liberaler als im Luckenwalder Rathaus geht es dafür im Berliner Bundestag zu. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Norbert Müller hat der Frau, der in Brandenburg nach einem Tag gekündigt wurde, einen Praktikumsplatz in seinem Bundestagsbüro angeboten. Zugleich übte er scharfe Kritik an der SPD-Bürgermeisterin. „Das Neutralitätsgebot vorzuschieben, um Ressentiments zu verdecken, ist aus meiner Sicht nicht in Ordnung“, sagte Müller. (jq/ dpa)