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CDU/CSU Hoffen auf das Versöhnungstreffen

Kanzlerin Merkel und CSU-Chef Seehofer wollen in einer Woche endlich Klarheit für den Wahlkampf schaffen.

Von M. Hadem und K. Dunz, dpa 27.01.2017, 23:01

 

Berlin l Angela Merkel und Horst Seehofer müssen sich beeilen. Seit Spätsommer 2015 liegt das Verhältnis der beiden Chefs von CDU und CSU wegen der Flüchtlingspolitik in Trümmern. So sehr sich beide Seiten seither um Normalität bemühen, von Harmonie ist die Union noch immer weit entfernt. Wegen der ungelösten Frage nach einer Begrenzung auf maximal 200 000 Flüchtlinge pro Jahr, wie von der CSU gefordert, hat Seehofer sogar mehrfach das lange geplante Versöhnungstreffen am 5. und 6. Februar in München wackeln lassen.

„Wir sind der Auffassung, dass eine gemeinsame Präsidiumssitzung mit der medialen Beachtung nur Sinn macht, wenn wir uns geschlossen präsentieren“, sagte Seehofer erst kürzlich und betonte, dies sei auch Merkels Meinung. Im Korb der Probleme wiegen drei Punkte schon bei der Vorbereitung des Treffens besonders schwer. Die CSU will dies unbedingt und die CDU beziehungsweise Merkel nicht: Die Obergrenze für Flüchtlinge, bundesweite Volksentscheide und die Abkehr von der doppelten Staatsbürgerschaft.

Die Obergrenze soll in München gar nicht zur Sprache kommen. Hier gibt es derzeit keine Hoffnung auf Einigung. Es gebe einen Dissens, und mit dem könnten sie leben, beteuern Merkel und Seehofer. Soll heißen: Hier marschieren sie im Wahlkampf getrennt und was nach der Wahl ist, wird sich zeigen. Doch die Zeit drängt, am 24. September ist Bundestagswahl, und die Konkurrenz freut sich über jeden Tag, den die Union weiter streitet. Die SPD sieht man dank ihres designierten Kanzlerkandidaten Martin Schulz auf der Euphoriewelle.

Dabei kann man den Unionsschwestern keine Untätigkeit vorwerfen, den Streit endlich zu beenden. Insbesondere die Generalsekretäre Peter Tauber (CDU) und Andreas Scheuer (CSU) hocken fast täglich beisammen, um Probleme aus dem Weg zu räumen und Fragen zu klären: Rente, Steuersenkungen, Pkw-Maut – bei den meisten Themen liegen CDU und CSU so nahe beieinander, dass längst Vertreter beider Seiten von „konstruktiven Treffen“ träumen (CDU-Vize Julia Klöckner) und betonen, jetzt brauche es ein sichtbares Zeichen der Zusammenarbeit (CSU-Ehrenvorsitzender Theo Waigel).

Es ist nicht das erste große Versöhnungstreffen in der Dauerkrise der Union. Ende Juni 2016 kamen auf neutralem Boden auf der Halbinsel Hermannswerder in Potsdam die Parteispitzen zusammen. Der Erfolg war vor allem, dass sie sich überhaupt getroffen haben.

Damit sich nun niemand für den ersten Februarsonntag und -montag 2017 was anderes vornimmt, hat die CDU sicherheitshalber ein „Save the date“ versendet. Damit aber am 6. Februar eine gemeinsame Sitzung der Präsidien stattfinden kann, muss spätestens am Montag eine echte, fristgerechte Einladung rausgehen – das am Vortag angepeilte Treffen im Potsdamer Format erfordert keine solche Formalitäten. Die fristgerechte Einladung müsse aber von der CSU ausgehen, wird bei der CDU betont. Denn das Ganze finde in der CSU-Landesleitung statt.

Der Dauerstreit hat auch die Parteichefs längst Bescheidenheit gelehrt: Es geht derzeit gar nicht mehr um die Einigung, sondern nur noch um einen einheitlichen Weg, ohne Gesichtsverluste. Es sei auch in der Vergangenheit oft so gewesen, dass CSU und CDU mit teils unterschiedlichen Forderungen in den Bundestagswahlkampf gezogen seien, sagt Seehofer und wirbt für Geduld. Später habe sich die CSU aber immer durchgesetzt – etwa bei der Mütterrente oder der Maut.

Geduld geht aber inzwischen vielen Bundestagsabgeordneten beider Parteien und jenen an der Basis verloren. Sie können das Hickhack nicht mehr ertragen. Es sei „irre“, dass CDU und CSU zu 95 Prozent übereinstimmten, Seehofer aber immer wieder die Unterschiede herausstelle, heißt es bei vielen von ihnen.

Die CSU verknüpft sogar ihre bundespolitische Zukunft mit der Obergrenze: Würde diese im Falle eines Wahlsiegs der Union nicht in den Koalitionsvertrag kommen, wollen die Christsozialen – ein Jahr vor der Landtagswahl in Bayern – im Bundestag lieber in die Opposition gehen. CDU-Anhänger entsetzt das. Schließlich sehe das Grundgesetz keine Obergrenze vor und die Union werde dafür auch keinen Koalitionspartner finden.