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Chaos Computer Club Hackerkongress in Hamburg gestartet

Die Bundesregierung ist mitverantwortlich für Drohnenangriffe der USA - sagt ein Whistleblower auf dem Kongress des Chaos Computer Club.

27.12.2016, 12:03

Hamburg (dpa) l Ein ehemaliger Techniker der US-Luftwaffe hat der Bundesregierung eine Mitverantwortung für die umstrittenen Drohnenangriffe der USA vorgeworfen. Auf dem Hackerkongress des Chaos Computer Clubs (CCC) in Hamburg sagte der Whistleblower Cian Westmoreland, Datensammlung und -übermittlung für die Drohnenangriffe hätten ihr Zentrum auf dem pfälzischen US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein und damit auf deutschem Boden. Damit sei die deutsche Regierung "mitschuldig an allem, was wir tun".

In der Kriegführung mit Drohnen werde die Verantwortung für die Tötung von Menschen auf ein System mit mehreren Beteiligten übertragen und damit die Schwelle für Angriffe gesenkt, sagte Westmoreland. Die Einheit DGS-4 (Distributed Ground System 4) in Ramstein sei "das Gehirn der Drohne". Die Technik vermittle aber oft ein falsches Verständnis der tatsächlichen Situation vor Ort und führe vielfach zum Tod von Unbeteiligten. Der Drohnenkrieg sei Vorläufer einer neuen Form der Kriegführung über technische Netze, sagte Westmoreland und kündigte an: "In den nächsten fünf Jahren werden wir autonome Killer-Roboter haben."

Der Chaos Computer Club (CCC) hat den größten europäischen Hackerkongress mit einem Aufrug zum gemeinsamen Vorgehen gegen Hass und Ignoranz eröffnet. Die Bloggerin Anna Biselli forderte die 12.000 Teilnehmer am Dienstag dazu auf, sich zu vernetzen und gemeinsam für eine bessere Welt einzutreten. Man könne sich nicht "unter einer gemütlichen Decke verstecken", sagte Biselli. Die Freiheiten der Menschen würden zunehmend eingeschränkt, kritisierte sie. "Versucht das nächste Jahr zu einem besseren zu machen."

Aktivistin Elisa Lindinger, die in der Open Knowledge Foundation für freies Wissen eintritt, sprach mit Bezug auf das Kongressmotto "Works for Me" (funktioniert für mich) von einer Welt voller Fehler. Nichts scheine mehr zu funktionieren. Statt mit den Ideen einer vernetzten Welt sei man konfrontiert mit Isolation, Depression und Hass. Die Veranstalter wollen mit dem diesjährigen Motto eine typische Haltung von Software-Entwicklern, aber auch anderen Gruppen infrage stellen: Wenn für sie selbst etwas funktioniert, kümmern sie sich nicht weiter um mögliche Probleme.

Der 33. Chaos Communication Congress geht noch bis Freitag und ist seit Wochen ausverkauft. Neben aktuellen Problemen wie Cyberangriffen oder Datenklau beschäftigt die Hacker auch das Thema Rechtspopulismus, zu dem mehrere Vorträge angesetzt sind. Unter anderem warnte der CCC nach dem Berliner Weihnachtsmarktanschlag bereits vor einer Ausweitung der Videoüberwachung auf Straßen und Plätzen. Das Ergebnis wäre ein großes vernetztes System, das eine Vollüberwachung aller Menschen in der Öffentlichkeit ermöglichen würde, sagte CCC-Sprecher Linus Neumann in Hamburg. In England sei diese Entwicklung mit der Verbindung einzelner Geräte zur Videoüberwachung schon jetzt erkennbar.

"Dann wäre die Vollüberwachung, die wir im Internet schon haben, auch in der Öffentlichkeit Realität", sagte Neumann zum Auftakt des CCC-Kongresses der Deutschen Presse-Agentur. In Verbindung mit neuer Software zur Gesichtserkennung könnten die Behörden dann erfassen, wer sich wann an welchem Ort aufhalte und mit wem getroffen habe. "Das ist nicht das, was wir in einer Demokratie wollen", sagte Neumann. "Wenn wir das einmal haben, gibt es kein Entkommen mehr – deswegen müssen wir es bekämpfen, bevor es entsteht." Mehr Videoüberwachung hätte den Anschlag mit zwölf Toten in Berlin nicht verhindert, sagte Neumann. "Es ist empörend, wie hier mit der Forderung nach mehr Videoüberwachung von dem eigentlichen Versagen der Ermittlungsbehörden abgelenkt wird."