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Ehe für alle Künast rät Standesämtern zu mehr Personal

Der Bundestag wird Freitag über die Ehe für alle abstimmen. Mit dem neuen Gesetz können Lebenspartnerschaften in Ehen umgewandelt werden.

28.06.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Auf Druck von SPD, Linken und Grünen wird der Bundestag am Freitag über die Ehe für alle entscheiden – gegen den Willen der Unions-Spitze. Die SPD und die Opposition setzten am Mittwoch im Rechtsausschuss des Bundestages mit knapper Mehrheit durch, dass das Thema kurzfristig auf die Tagesordnung des Parlaments kommt. Ein solches rot-rot-grünes Votum gegen die Stimmen der Union ist ein bemerkenswerter Vorgang und bedeutet eine offene Konfrontation zwischen den Koalitionspartnern.

Dem Parlament liegen bereits seit längerem drei Gesetzentwürfe für die uneingeschränkte Homo-Ehe vor – von Linken, Grünen und vom Bundesrat. Eine Entscheidung wurde aber immer wieder vertagt. Über den Antrag der Länderkammer soll nun abgestimmt werden. Schon seit Jahren gibt es Gezerre um das Thema. Nun gewann die Debatte an Tempo, nachdem Kanzlerin Angela Merkel am Montag überraschend vom klaren Nein der CDU in der Frage abgerückt war. Die SPD nahm das zum Anlass, eine schnelle Parlamentsabstimmung durchzusetzen und die Union drei Monate vor der Bundestagswahl in die Enge zu treiben.

Die Unions-Spitze hatte sich gegen eine Abstimmung vor der Bundestagswahl gesperrt – und wirft der SPD wegen ihres Vorstoßes „Vertrauensbruch“ vor. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der „Rheinischen Post“: „Die SPD ist nicht vertragstreu und paktiert mit Grünen und Linkspartei.“ Die Abstimmung im Rechtsausschuss sei der Testfall für Rot-Rot-Grün im Bund.

Merkel selbst hatte das Vorgehen der SPD in der Unions-Fraktion am Dienstag laut Teilnehmerkreisen als „überfallartig“ kritisiert. Auch andere Politiker von CDU und CSU beklagten, dass die SPD das Thema im Eiltempo durchpeitschen wolle. Jenseits der Verfahrensfragen gibt es allerdings mehrere Unions-Politiker, die für die Ehe für alle sind und dafür stimmen wollen.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann kündigte an, bei der anstehenden Entscheidung im Bundestag eine namentliche Abstimmung zu beantragen, um offenzulegen, welche Abgeordneten hinter der Ehe für alle stehen.

Falls die Union bei ihrem Widerstand gegen die Aufsetzung des Tagesordnungspunktes bleibt, müsste der Bundestag am Freitagmorgen zunächst darüber abstimmen, ob das Thema zusätzlich aufgerufen wird. Dies könnte eine knappe Entscheidung werden: SPD, Linke und Grüne haben zusammen 320 Sitze im Parlament – und damit nur wenige Mandate mehr als die Union.

Bei der inhaltlichen Abstimmung über die Ehe für alle später am Tag gilt eine Mehrheit dagegen als sicher, da neben SPD, Linken und Grünen eben auch mehrere Unions-Leute ein Ja angekündigt haben. Die CDU/CSU-Fraktion hat die Entscheidung zur Gewissensfrage erklärt. Damit entfällt der sogenannte Fraktionszwang, der Abgeordnete an eine vorgegebene Linie binden soll.

Die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne), sagte, sie rechne am Freitag mit einer „überwältigenden Mehrheit“. Am 7. Juli soll sich der Bundesrat abschließend damit befassen. Künast sagte, die Regelung könne wohl ein paar Wochen später in Kraft treten. „Ich rate schon mal allen Standesämtern in der Bundesrepublik, ihr Personal aufzustocken.“

In Deutschland gibt es für schwule und lesbische Paare seit 2001 die Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen. Die ist aber rechtlich nicht mit der Ehe gleichgesetzt. Künast sagte, wer eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen sei, könne künftig beim Standesamt beantragen, dass diese in eine Ehe umgewandelt werde.