1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Regierungschefs ist nicht zum Feiern zumute

EU-Gipfel Regierungschefs ist nicht zum Feiern zumute

In Rom findet ein EU-Gipfel anlässlich der Unterzeichnung der Römischen Verträge vor 60 Jahren statt. Auch Proteste werden erwartet.

Von Annette Reuther 22.03.2017, 23:01

Rom l Man könnte es als die letzte Schlacht Europas beschreiben. Der herrschaftliche Saal der Horatier und Curiatier im Konservatorenpalast auf dem Kapitolshügel bietet die perfekte Kulisse für das Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs Europas am kommenden Sonnabend in Rom. Und es ist der Ort der Geburtsstunde der Europäischen Union. Vor 60 Jahren unterzeichneten hier Regierungsvertreter von Frankreich, Westdeutschland, Italien, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg die sogenannten Römischen Verträge, die den Grundstein für die heutige EU legten.

Doch schon beim Blick aus dem Fenster wird klar, dass die Einigkeit längst verflogen ist. Wenige Meter entfernt hat Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi von der eurokritischen Fünf-Sterne-Bewegung ihren Sitz. Am Sonnabend will allerdings auch Raggi ihre Stadt gut aussehen lassen: „Die Hauptstadt wird im Scheinwerferlicht der Welt stehen“, erklärt sie.

An dem Tag fährt Italiens Hauptstadt schwere Geschütze auf. Das Kapitol, normalerweise vom Verkehr umtost und von Touristen belagert, wird zur blauen Zone – ganz wie die EU-Farbe. Weder Autos noch Fußgänger dürfen rein. Das Kolosseum – Touristenmagnet Nummer eins – wird schon am Freitagabend geschlossen, die archäologischen Stätten rund um den Palatin-Hügel sind ebenfalls dicht.

Spekuliert wird, dass die EU-Führer Roms Topattraktionen besichtigen. Während sie im Kolosseum den Größenwahn römischer Kaiser studieren könnten, wachen 100 zusätzliche Kameras über die Veranstaltungsgegend, um jede verdächtige Bewegung aufzunehmen. „Derzeit nimmt man große Angst wahr, weil man aus den Medien den Eindruck bekommt, dass die Stimmung angespannt sein wird“, sagt der Chef der Einzelhandelsvereinigung Confcommercio di Roma, Massimiliano De Toma, der Nachrichtenagentur Ansa. Am Kapitol hingen Plakate mit der Aufschrift: „Es gibt nichts zu feiern.“ Vier Demonstrationszüge sind angemeldet.

Laut Polizei werden mit 13 000 Teilnehmern die meisten bei Anti-EU-Märschen erwartet. Dem stehen zwei pro-europäische Märsche gegenüber, die sich am Kolosseum treffen sollen. Auf dem Tiber vor der Engelsburg planen derweil Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen eine Aktion, die „das Mittelmeer auf den Tiber bringt“, wie die Seenotretter von Ärzte ohne Grenzen erklären, „gegen die Politik der Mauern und Stacheldrähte, um Europa menschlicher und aufnahmebereiter zu machen“. Schließlich ist eines der großen Themen der EU die Flüchtlingskrise, von der das Gastgeberland Italien besonders betroffen ist und sich von anderen EU-Ländern alleinegelassen fühlt.

Ruhe vom Trubel findet man selbst am Vatikan nicht. Denn am Vorabend des Gipfels treffen die Staats- und Regierungschefs Papst Franziskus bei einer Audienz. Vermutlich wird er ihnen ins Gewissen reden, sich zum Wohle des Friedens zusammenzuraufen.