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EU-Referendum Lietz: "Trauriges Schauspiel“

Die Niederländer haben den EU-Ukraine-Vertrag abgelehnt. Mit dem EU-Parlamentarier Arne Lietz (SPD) sprach dazu Steffen Honig.

07.04.2016, 23:01

Die Mehrheit der Niederländer – aktiv an der Wahlurne und passiv durch Boykott – lehnt das Abkommen offensichtlich ab. Wie bewerten Sie das Referendum?

 Ich bin vom Ergebnis enttäuscht und verurteile die Situation, in der es zu diesem Ergebnis gekommen ist. Das Referendum wurde als Ins-trument genutzt, um der EU und der Europapolitik der Niederlande eins auszuwischen. Es gab eine zu geringe Werbung der Regierung, sich am Referendum zu beteiligen. Ich habe den Eindruck, dass man es zu sehr dem Zufall überlassen hat, ob die erforderlichen 30 Prozent zustande kommen. Die niederländischen Parteien sind den beiden populistischen In- itiativen nicht entschieden genug entgegengetreten. Vertreter verschiedener Institutionen spekulierten am Nachmittag darauf, dass die 30-prozentige Wahlbeteiligung verfehlt werden würde.

Welche Konsequenzen hat das Resultat für die EU?

Der Ball liegt zunächst bei der niederländischen Regierung, die zu dem nicht bindenden Referendum Position beziehen muss. Danach bedarf es einer Absprache mit den Brüsseler Institutionen.

Ist das Nein nicht auch Ausdruck des Misstrauens gegenüber einem Land, dessen Präsident gerade in den „Panama- Papieren“ aufgetaucht ist?

Wir erleben gleich mehrfache Krisen innerhalb der ukrainischen Regierung, verdeutlicht durch den Rücktritt des Wirtschaftsministers wegen Korruption. Die „Panama-Papiere“ haben die Lage zusätzlich verschärft. Unabhängig davon ist die Grundaufgabe, die Ukraine zu stabilisieren. Es geht jedoch nicht um eine Vorstufe zur EU-Mitgliedschaft, wie es in der Nein-Kampagne behauptet wurde. Wichtig ist eine intensive wirtschaftliche Zusammenarbeit. Ich war zweimal in der Ukraine und denke, der Kampf muss der Korruption gelten, dem Gift der innenpolitischen Weiterentwicklung, um einen Quantensprung hin zu einem demokratischen Staat zu erreichen.

Nicht zum ersten Mal zeigt sich: Sobald Bürgerbeteiligung bei grundsätzlichen EU-Fragen ins Spiel kommt, kippt die Stimmung gegen Brüssel.

Ich befürworte europaweite Bürgerbeteiligung, aber nicht nationale Referenden über gemeinsame europäische Beschlüsse. Bürgerentscheide sollten europaweit organi- siert werden, flankiert von umfassenden Pro- und Kontra-Debatten mit einem höheren Wählerbeteiligungsschlüssel als 30 Prozent. So wie es hier gelaufen ist, dass man sich auf die stündlichen Hochrechnungen und das schlechte Wetter verlässt in der Hoffnung, dass das 30-Prozent-Quorum nicht erreicht wird, das war schon ein trauriges Schauspiel.