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Fall Wendt Ein Gewerkschaftschef im Solde

Die Debatte um die Bezahlung von Rainer Wendt zieht im Vorfeld der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen immer weitere Kreise.

05.03.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Rainer Wendt gilt als Law-and-order-Mann. Viel dagegen einzuwenden hat der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) nicht: „Ich finde es schon richtig, dass man sich an Recht und Gesetz hält.“ Sein eigenes Verhalten ist nun aber im Zwielicht, wurde Wendt doch vom Land Nordrhein-Westfalen jahrelang als Polizist in Teilzeit bezahlt. Dabei machte er nicht Polizei-, sondern Gewerkschaftsarbeit. Der 60-Jährige verabschiedete sich nach Bekanntwerden der Angelegenheit in den vorzeitigen Ruhestand. Damit dürfte das letzte Wort aber nicht gesprochen sein.

Linke und Grüne griffen Wendt scharf an – aber auch den nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger (SPD). Der Fall Wendt, so meinen manche, könnte noch zum Fall Jäger werden. Wenn Wendt seinen Beamtensold nämlich zu Unrecht bekommen haben sollte, dürfte das heikle Fragen an seinen obersten Dienstherrn aufwerfen.

Die CDU in Nordrhein-Westfalen forderte eine Stellungnahme von Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD). Die Landtagsfraktion beantragte am Sonntag einen schriftlichen Bericht der Landesregierung. „Innenminister Jäger muss als Dienstherr von Herrn Wendt zu den im Raum stehenden Vorwürfen sofort und umfassend Stellung beziehen“, so der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Theo Kruse.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft nahm ihren Vorsitzenden Wendt in Schutz genommen. Der Eindruck, Wendt habe in den zurückliegenden Jahren doppeltes Gehalt bezogen und sich unrechtmäßig bereichert, sei schlicht falsch, teilte die Bundesleitung der Gewerkschaft am Sonntag mit. An seiner persönlichen Integrität gebe es keinerlei Zweifel.

Wendt selbst hat Journalisten von „Report München“ laut deren Bericht zuerst gesagt, er werde nicht vom Land NRW bezahlt, sondern von der Gewerkschaft. Nach dem Interview rief er demnach die Journalisten nochmal an, bat um ein neues Gespräch und räumte seine Besoldung als Hauptkommissar ein. Beim ersten Gespräch habe er Jäger schützen wollen, erläuterte er laut dem Bericht.

Wendt zog in den vergangenen Monaten alle Register, da viele Menschen sich um die öffentliche Sicherheit sorgen. Er versteht sich als Fürsprecher für einen starken Staat, für mehr Polizei, ist CDU-Mann und zieht in seinem Buch „Deutschland in Gefahr“ gegen „Kuscheljustiz“ und „Spaßpädagogik“ zu Felde. Den Bucherlös spendete Wendt übrigens an die Verkehrsunfall-Opferhilfe und die DPolG-Stiftung Bayern, wie er vor Monaten mitteilte.

Bundeschef seiner Gewerkschaft ist der Duisburger seit 2007, er sitzt auch im Bundesvorstand des Beamtenbunds dbb, unter dessen Dach die DPolG angesiedelt ist. „In der Summe übersteigen meine Einkünfte das Gehalt eines Hauptkommissars nicht“, sagte Wendt der Deutschen Presse-Agentur. Er habe erst kürzlich ein fünfstelliges Buchhonorar „zu 100 Prozent gespendet“. Zu Vorwürfen auch aus seiner eigenen Partei sagte er: „Da wird jetzt Wahlkampf gemacht.“

Die Affäre könnte sich zwei Monate vor der Landtagswahl noch ausweiten: Ein Sprecher des Innenministeriums in Düsseldorf deutete an, dass es sich nicht um einen Einzelfall handele. Man werde mit „den betroffenen Gewerkschaftsvorsitzenden“ sprechen.