1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Minister schwänzen Sachsen-Debatte

Fremdenfeindlichkeit Minister schwänzen Sachsen-Debatte

Die Opposition hat dagegen protestiert, dass Kanzlerin Merkel bei der Debatte über die fremdenfeindlichen Auswüchse in Sachsen fehlte.

24.02.2016, 23:01

Berlin (dpa/epd) l Der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, nannte dies am Mittwoch „skandalös“. Die Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann sagte: „Ich finde das ein Unding.“ Auf der Regierungsbank saßen fast ausschließlich Staatssekretärinnen und Staatssekretäre.

In Clausnitz hatten am vergangenen Donnerstag etwa 100 Menschen gegen Flüchtlinge protestiert und deren Unterbringung behindert. Am Wochenende bejubelten Schaulustige den Brand einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Bautzen. Der sächsischen Landesregierung wurde daraufhin vorgeworfen, fremdenfeindliche Gewalt zu verharmlosen.

Die Häufung fremdenfeindlicher Vorfälle in Sachsen wurde während der Bundestagsdebatte unterschiedlich bewertet. In einer Aktuellen Stunde verurteilten Redner aller Fraktionen einhellig die Blockade der Flüchtlingsunterkunft in Clausnitz und den Brand des geplanten Heims in Bautzen. Unterschiedliche Einschätzungen gab es aber darüber, inwieweit der Freistaat ein besonderes Problem mit Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus hat und ob der Landesregierung Versäumnisse im Kampf gegen rechts attestiert werden müssen.

Vertreter der Opposition kritisierten die Verhältnisse in Sachsen und warfen der Landesregierung eine Mitschuld an der gegen Flüchtlinge und Zuwanderung gerichteten Stimmung im Land vor. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sprach vor allem auch mit Blick auf den umstrittenen Polizeieinsatz in Clausnitz von einem Versagen des Staates. „Wir haben nicht nur ein Problem mit Rassismus, sondern auch mit einem Teil unserer Sicherheitsbehörden“, sagte er. Die sächsische Landesregierung und die regierende CDU trügen wegen einer „25-jährigen Geschichte des Wegschauens“ eine Mitschuld daran.

Auch nach Überzeugung des Vorsitzenden der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, ist es kein Zufall, dass sich diese Vorfälle erneut in Sachsen ereignet hätten. Sie seien die Folge einer systematischen Verharmlosung der Gefahr von rechts. Bartschs Fraktionskollegin Caren Lay machte eine „Pogromstimmung gegen Flüchtlinge“ in Sachsen aus. „Die Liste des sächsischen Versagens im Kampf gegen Rechts ist wirklich lang“, fügte Lay hinzu.

Auch von den Sozialdemokraten gab es Kritik an Sachsen, wo die SPD mitregiert. Der SPD-Abgeordnete Uli Grötsch hielt eine Grafik der Amadeu-Antonio-Stiftung hoch und sprach von einer „Karte der Schande“. Rot markiert waren Orte, an denen es Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte gegeben hatte. Diese Orte in Sachsen hätten „fast schon zweifelhaften Weltruhm erlangt“. Jeder sechste Anschlag auf Asylunterkünfte im letzten Jahr habe in Sachsen stattgefunden. „Glaubt noch jemand, dass das Zufall ist?“, fragte der SPD-Politiker.

Vertreter der Bundesregierung und der Unions-Fraktion wandten sich gegen pauschale Verurteilungen Sachsens. Der sächsische CDU-Abgeordnete Günter Baumann sprach von einzelnen Bürgern, gegen die man vorgehen müsse: „Ein Frontalangriff gegen alle Sachsen hilft uns nicht weiter und ist absolut ungerecht.“ Er fügte hinzu: „Das Bild der letzten Tage ist nicht unser Sachsen.“ Die Blockierer von Clausnitz und die Brandstifter von Bautzen seien eben nicht „das Volk“.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Günter Krings (CDU), sprach von „erschreckenden Vorfälle“, die Bestürzung ausgelöst hätten. Diese stünden in einer Reihe mit inzwischen bundesweit weit über 1100 Straftaten gegen Asylunterkünfte seit Januar 2015. Diese passierten überall in Deutschland, auch wenn es eine besondere Häufung in Ostdeutschland gebe.