1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Ausschreitungen beim "Welcome-to-Hell"-Zug

G-20-Gipfel Ausschreitungen beim "Welcome-to-Hell"-Zug

Die Demonstration "Welcome to Hell" beim G-20-Gipfel eskaliert. Nachdem die Polizei den Zug stoppt, kommt es zu Ausschreitungen.

06.07.2017, 19:38

Hamburg (dpa) l Am Vorabend des G20-Gipfels in Hamburg ist es zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen. Bei der "Welcome to Hell"-Kundgebung gegen das Treffen der großen Wirtschaftsmächte flogen Flaschen, Feuerwerkskörper wurden gezündet, später brannten umgestürzte Mülltonnen und mindestens ein Auto. Die rigoros vorgehende Polizei setzte wiederholt Wasserwerfer und Pfefferspray ein und trieb die rund 12.000, in der Mehrzahl friedlichen Teilnehmer auseinander. Die Polizei meldete mindestens sechs verletzte Beamte. Über die Zahl verletzter Demonstranten lagen zunächst keine Angaben vor.

Unter die Demonstranten hatten sich nach Polizeiangaben etwa 1000 Vermummte gemischt – was die Polizei aber nicht duldete. Sie war ursprünglich sogar von bis zu 8000 gewaltbereiten Autonomen ausgegangen. Der Veranstalter erklärte den Demonstrationszug nach gut einer Stunde für beendet. Dieser war nur wenige Meter weit gekommen.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac verurteilte die Strategie der Polizei. "Die Auseinandersetzungen bei der Demonstration "Welcome to Hell" waren eine Eskalation mit Ansage: Es ist offenkundig, dass diese Demonstration nach dem Willen von Polizei und Senat nie laufen sollte", sagte Roland Süß vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis.

Die Polizei sagte, man habe versucht, den "schwarzen Block" der Linksautonomen von den friedlichen Demonstranten zu trennen – dann hätte die Kundgebung fortgesetzt werden können. Dies sei aber nicht gelungen.

Aus der Menschenmenge lösten sich anschließend immer wieder einzelne Gruppen, die in Nebenstraßen verschwanden. Gewalttäter rüsteten sich laut Polizei mit Gerüstteilen und Steinen aus und zündeten weiterhin Gegenstände an. Einige Anwohner reagierten besonnen und löschten umgehend, schrieb die Polizei auf Twitter. An einem Kaufhaus im Stadtteil Altona und in einer Sparkasse gingen Schaufensterscheiben zu Bruch.

Polizeipräsident Ralf Martin Meyer sagte am späten Abend, es gebe mittlerweile viele Kleingruppen, die durch die Stadt zögen. Diese errichten Barrikaden; Beamte würden angegriffen. Die Lage sei weiter unübersichtlich. Nach Angaben der Polizei wurden am Neuen Pferdemarkt in St. Pauli Einsatzkräfte und Polizeifahrzeuge attackiert. Zugleich habe sich die Lage auf der Reeperbahn beruhigt. Dort fänden Kooperationsgespräche über eine neue Kundgebung statt, twitterte die Polizei.

Infografik: Großeinsatz beim G20 | Statista Mehr Statistiken finden Sie bei Statista>

Auch Polizei-Pressesprecher Timo Zill wurde angegriffen. Er flüchtete sich laut Polizei in einen Rettungswagen. Die Täter versuchten nach ihren Angaben, die Tür des Rettungswagens aufzureißen und schlugen auf diesen ein. Der Wagen fuhr schließlich mit Blaulicht davon. Der Sprecher blieb unverletzt. Die Polizei forderte Unbeteiligte auf, sich vom Geschehen zu entfernen, "um den Einsatzkräften die Arbeit zu erleichtern".

Begonnen hatte die Aktion gegen den G20-Gipfel friedlich am Hamburger Fischmarkt, wo Musik gespielt und Reden gehalten wurden. Die Demonstration sollte von dort aus über die Reeperbahn bis etwa 300 Meter an die Messehallen heran gehen. Keine andere Demonstration darf dem G20-Tagungsort in den Messehallen näher kommen.

Anders als für andere Veranstaltungen hatte die Polizei für "Welcome to Hell" ("Willkommen in der Hölle") keine Auflagen erlassen. Anmelder Andreas Blechschmidt vom linksautonomen Kulturzentrum "Rote Flora" warf Innenbehörde und Verfassungsschutz dennoch vor, "eine massive Kampagne" gegen Demonstranten zu führen.

Unterdessen wies das Hamburgische Oberverwaltungsgericht mehrere Beschwerden der globalisierungskritischen Organisation Attac zurück. Deren geplante Demonstrationen in der Hamburger Innenstadt am ersten G20-Gipfeltag bleiben damit vorerst verboten. Die Antragsteller können aber noch Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einreichen. (4 Bs 153/17, 4 Bs 155/17 und 4 Bs 156/17)