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Jubiläum Polen schaut 2018 auf Magdeburg

Marschall Pilsudski saß 1918 in Magdeburg in Haft. Nach seiner Flucht übernahm er die Führung der Zweiten Polnischen Republik.

Von Steffen Honig 04.05.2017, 01:01

 

Magdeburg l Wie Millionen Landsleute in aller Welt sind am Abend des 2. Mai auch im Magdeburger Eine-Welt-Haus zwei Dutzend Auslandspolen zusammengekommen. Die „Polonia“, so die Bezeichnung für die in der Diaspora lebenden Polen, feiert den polnischen Verfassungstag.

Allein in Deutschland leben rund 1,5 Menschen mit polnischem Pass oder doppelter, sprich deutscher und polnischer Staatsbürgerschaft. Nach den Türken sind Polen die zweitgrößte Ausländergruppe in Deutschland. In Sachsen-Anhalt leben rund 9000 Polen.

Wie viele Leute überhaupt polnische Wurzeln haben, ist schwer zu bestimmen: Immerhin ist die Geschichte polnischer Auswanderer nach Deutschland Jahrhunderte alt: Sie suchten hier ein besseres Leben, brachten sich vor Verfolgung in Schutz oder kamen als Spätaussiedler.

Justyna Kargul ist nichts von alledem. Die junge Frau kam im vergangenen Herbst nach Magdeburg, um ein Praktikum zu absolvieren. Vor allem will sie Deutsch lernen. „Am Anfang war es für mich sehr schwer, etwas mitzubekommen“, gibt sie lächelnd zu. Inzwischen kommt sie gut zurecht im fremden Land. Sie schätzt die gute Lebensqualität und die vielen Ausbildungsmöglichkeiten. Bartek Bukowski leitet den „Bund der Polen in Magdeburg“. Er bekräftigt den Integrationswillen seiner Landsleute. Zur politischen Situation in Polen sagt er: „Wir beobachten die Entwicklung kritisch, aber sehr genau.“

Die aus Kielce stammende Praktikantin Justyna weiß nicht, dass ihre Heimatregion vor der Wende 1989 Partnerbeziehungen zu Magdeburg pflegte. Sie kennt aber die Elbestadt wie Millionen andere Polen als den Ort, in dem Jozef Pilsudski im Ersten Weltkrieg inhaftiert war. In den Revolutionswirren 1918 gelangte der polnische Marschall von der Magdeburger Zitadelle aus direkt nach Warschau, um dort die Führung der Zweiten Polnischen Republik zu übernehmen. Allein das macht ihn für die Polen unsterblich, unabhängig von der diktatorischen Art, mit der er das Land führte.

Magdeburg aber tut sich mit dem berühmten Gefangenen bis heute schwer. Das Gefängnis auf dem Kleinen Stadtmarsch ist zerstört, die Reste des Fundaments wurden nach Warschau gebracht.

Doch gab es seit den 1990er Jahren immer wieder Bestrebungen, diese Weihestätte polnischer Geschichte auf Magdeburger Boden aufzuwerten. Doch der Stadtrat brachte nie etwas zustande, zu groß waren die Vorbehalte gegen die Politik Pilsudskis. So wird touristisches Potenzial verschenkt. Krzystof Blau, Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Sachsen-Anhalt, verweist auf die Anziehungskraft des Namens Pilsudski auf potenzielle Besucher. 2018 werde der 100. Jahrestag der Wiedergeburt Polens gefeiert. „Die Augen der Polen werden auf Magdeburg gerichtet sein.“

Etwas werden auch die Magdeburger vom polnischen Festjahr mitbekommen: Die Freundschaftsgesellschaft plant eine Ausstellung – zum hier ignorierten Pilsudski.