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Krankenhäuser Personalmangel auf der Intensivstation

Seit Jahren wird in Deutschland der Fachkräftemangel beklagt. Etliche Stellen sind vor allem auf Intensivstationen vakant.

25.07.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Krankenhäuser in Deutschland suchen händeringend Pflegekräfte auf Intensivstationen. Mehr als die Hälfte der Kliniken (53 Prozent) hatte nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) im Herbst vergangenen Jahres Probleme, Pflegestellen auf Intensivstationen zu besetzen. Bundesweit seien aktuell 3150 Stellen vakant. Die Zahl offener Stellen hat merklich zugenommen und wird steigen, wie aus einem am Dienstag in Berlin vorgelegten Gutachten hervorgeht. Der Verband der Pflegeberufe machte die Krankenhäuser für die Missstände verantwortlich und forderte Klinikverwaltungen auf, andere Prioritäten zu setzen.

Aktuell ist die Versorgung von Intensivpatienten laut der DKG "objektiv gut". 2015 sei im Schnitt eine Pflegekraft für 2,2 Fälle pro Schicht zuständig gewesen – womit entsprechende Empfehlungen in etwa erreicht worden seien. Zudem erfüllten drei Viertel aller Krankenhäuser die Fachkraftquote in der Intensivpflege. 2015 seien auf zehn belegte Intensivbetten rein rechnerisch 6,9 Ärzte gekommen – was ebenfalls nah an die Vorgaben herankomme.

"Trotz dieser guten Daten kann aber nicht Entwarnung gegeben werden", heißt es angesichts der vakanten Stellen. Der Fachkräftemangel sei seit vielen Jahren ein zentrales Problem auf Intensivstationen. Die Probleme mit der Besetzung von Stellen hätten seit 2009 dramatisch zugenommen. Fast ein Drittel der Krankenhäuser (29 Prozent) hatte der Umfrage zufolge im Herbst 2016 auch Probleme, Arztstellen in ihren Intensivbereichen zu besetzen. Bundesweit seien rund 600 Vollkraftstellen in der Intensivmedizin unbesetzt.

Linken-Chef Bernd Riexinger forderte: "Die Pflegeberufe müssen gesellschaftlich endlich den Stellenwert bekommen, der ihrem Wert für die Menschen entspricht." Es helfe nichts, über fehlende Fachkräfte in der Intensivpflege zu klagen und gleichzeitig bei Bezahlung und Arbeitsbedingungen auf der Bremse zu stehen. Die Personalkosten müssten außerhalb der Fallpauschalen finanziert werden, sonst greife jeder Förderplan ins Leere. Es führe kein Weg daran vorbei, die Personalbemessung gesetzlich zu regeln, um die Attraktivität des Pflegeberufs erhöhen.

Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi verlangte eine gesetzliche Regelung für die Personalausstattung in den Krankenhäusern. "Beschäftigte lassen sich nicht mehr mit homöopathischen Dosen abspeisen. Zu lange und zu oft wurden die Empathie und das Engagement der Pflegefachkräfte von den Arbeitgebern ausgenutzt", erklärte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler.

Infografik: Zuletzt wurden mehr Ärzte als Pfleger eingestellt | Statista Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe DBfK forderte die Krankenhausgesellschaft auf, die eigene verfehlte Prioritätensetzung zu korrigieren: "An der Fluktuation und einer Vielzahl unbesetzter Pflegestellen lässt sich inzwischen ablesen, dass Pflegefachpersonen nicht länger bereit sind, sich unter Wert zu verkaufen und miserable Bedingungen hinzunehmen", sagte Verbandssprecherin Johanna Knüppel. Über Jahre sei ignoriert worden, dass Patienten nicht nur Ärzte und Technik, sondern vor allem kompetente Pflege benötigten.

Die Zahl der Klinikärzte ist nach Darstellung des Pflege-Verbandes DBfK überproportional gestiegen, was weitere Arbeit für Pflegekräfte bedeute. Ärztliche Routineaufgaben würden in großem Umfang an die Pflege übertragen – ohne adäquate Entlastung der Pflegekräfte. Zahl und Dauer berufsbedingter Erkrankungen bei Pflegepersonal steige. Der Bundestag habe ein Gesetz verabschiedet, das für verpflichtende Personaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen sorgen solle. Die DKG betrachte dies als Gängelung und nicht umsetzbar, weil es an der Finanzierung und am Bewerberangebot fehle.