1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Syrische Armee beginnt mit Bodenoffensive

Krieg um Aleppo Syrische Armee beginnt mit Bodenoffensive

Die Lage für die eingeschlossenen 300.000 Menschen wird immer dramatischer. Bei Luftangriffen sterben täglich mehr als 260 Menschen.

27.09.2016, 23:01

Aleppo (dpa) lSyriens Regimeanhänger haben nach eigenen Angaben mit einer Bodenoffensive auf die Rebellengebiete der Großstadt Aleppo im Norden des Landes begonnen. Armee und Verbündete griffen aus vier Richtungen an, hieß es am Dienstag aus syrischen Militärkreisen. Die Offensive sei nach mehreren Tagen heftiger syrischer und russischer Luftangriffe auf die Opposition gestartet worden.

Aleppo gehört im syrischen Bürgerkrieg zu den umkämpftesten Gebieten. Die Stadt besitzt für beide Seiten einen großen strategischen und symbolischen Wert. Das Regime kontrolliert den Westen der früheren Handelsmetropole, Kräfte der Opposition den Osten. Die Rebellengebieten sind seit Wochen von der Außenwelt abgeschnitten. Bis zu 300.000 Menschen sind dort eingeschlossen und leiden unter massivem Mangel an Nahrung, Trinkwasser und medizinischer Versorgung.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, Syriens Armee sei bei heftigen Kämpfen in Aleppos Altstadt vorgerückt und habe dort zwei oder drei Gebäude eingenommen. Es handele sich bisher nicht um einen strategisch wichtigen Erfolg. Aus syrischen Militärkreisen hieß es hingegen, die Armee habe das Viertel Al-Firafara nahe der Zitadelle Aleppos eingenommen.

Der von Rebellen kontrollierte Osten Aleppos hatte in den vergangenen Tagen den heftigsten Bombenhagel seit Beginn des Bürgerkrieges vor mehr als fünf Jahren erlebt. Mehr als 260 Menschen wurden bei täglich Dutzenden Luftangriffen getötet. Die USA und Russland machten sich gegenseitig für die Eskalation der Gewalt verantwortlich.

Auch am Dienstag griffen Jets und Hubschrauber Rebellengebiete an, wie die Menschenrechtsbeobachter weiter meldeten. Die Rettungshelfer der Organisation Weißhelme berichteten von mindestens 13 Toten.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) forderte die sofortige Einrichtung humanitärer Korridore, durch die Kranke und Verwundete den Osten Aleppos verlassen können. In dem immer wieder von Regierungstruppen angegriffenen Teil der Stadt gebe es nur noch 25 medizinische Einrichtungen und nur noch 35 Ärzte, die völlig überfordert seien, erklärte WHO-Sprecherin Fadéla Chaib in Genf.

Allein am vergangenen Wochenende seien mehr als 200 weitere Verletzte in längst überfüllte Gesundheitseinrichtungen in Ost-Aleppo gebracht worden. Sämtliche Zugänge für Helfer nach Aleppo seien versperrt.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich skeptisch über die Möglichkeiten einer Flugverbotszone für Teile Syriens. Zugleich forderte sie weitere Anstrengungen für einen Waffenstillstand in dem Bürgerkriegsland. Es liege jetzt eindeutig an Russland und dem Regime von Machthaber Baschar al-Assad, die Chancen für eine Waffenruhe zu verbessern, sagte Merkel in Berlin.

Die brutale Gewalt gegen die Zivilbevölkerung in Aleppo sei „absolut nicht akzeptabel“, betonte die Kanzlerin. „Wir haben in den letzten Tagen einen tiefen, tiefen Rückschlag gesehen.“

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, sieht Europa bei der Lösung des Syrienkonfliktes in der Pflicht. „Was in Syrien geschieht, ist eine Schade für Europa“, sagte Ischinger dem „Handelsblatt“. Es sei einfach, mit dem Finger auf Russen und Amerikaner zu zeigen.