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Protest Mit rosa Mützen gegen Trump

Hunderttausende Frauen und auch Männer protestieren gegen den neuen US-Präsidenten.

22.01.2017, 23:01

Washington (dpa) l Es war ein anderes Washington, das US-Präsident Donald Trump an seinem ersten vollen Amtstag erlebte. Protestplakate statt Fahnen, zornige Sprechchöre statt Jubel und Blaskapellen, ein Meer pinkfarbener Strickmützen statt roter Trump-Kappen: Krasser hätten die Gegensätze zum umjubelten Vereidigungsfestival nicht sein können.

Dies war ein Teil des „anderen“ Amerika – Menschen, die fürchten, dass Trump ihr Land und ihre Rechte um Jahre zurückwerfen könnte. Umfragen haben ergeben, dass Trump mit so geringen Zustimmungswerten ins Weiße Haus einzog wie kein anderer designierter Präsident vor ihm. Und wenn er es auch stets herunterzuspielen versucht: Er gewann dank des ungewöhnlichen Wahlsystems in den USA, seine Gegnerin Hillary Clinton kam auf fast drei Millionen Stimmen mehr als er. Aber das alles sind nur Zahlen.

Die Proteste vom Sonnabend waren plakativ, zeigten die tiefe Spaltung im Land, die mit Trumps feurig-radikaler Antrittsrede womöglich noch tiefer geworden sind.

„Women‘s March on Washington“ – Frauenmarsch auf Washington war die Massenkundgebung in der US-Hauptstadt überschrieben, begleitet von Hunderten „Schwestermärschen“ in anderen Städten, aber auch im Ausland. Aber es waren längst nicht nur Frauen, die sich zum Auftakt von Trumps Amtszeit Gehör verschaffen wollten, auch viele Männer und Kinder machten mit.

Auf Zehntausende war die Menge im Herzen der Hauptstadt bereits angeschwollen, als Schauspielerin und Aktivistin America Ferrera als erste Rednerin das Wort ergriff, von einer Trump-Plattform des Hasses sprach und klarmachte, dass es den Protestierenden um mehr geht als nur eine Verteidigung gefährdeter frauenspezifischer Rechte wie das auf Schwangerschaftsabbruch und Pille auf Krankenschein. „Es ist ein Angriff gegen uns alle“, sagte sie unter anderem mit Blick auf Immigranten, Homosexuelle, Schwarze, Latinos, Rechtsprechung, die Umwelt, die Welt.

Vier Frauenrechtsaktivistinnen hatten die Veranstaltungen initiiert, und viele Bürgerrechtsorganisationen unterstützten sie. Auch im Ausland wurde eifrig an pinkfarbenen „Pussy Hats“ gestrickt, als Zeichen der Solidarität über Grenzen hinweg und zugleich eine Erinnerung an frühere vulgäre Äußerungen Trumps über Frauen, Prahlereien mit sexueller Gewalt – Pussy ist ein umgangssprachlicher Begriff für das weibliche Geschlechtsteil.

Der einstige TV-Reality-Star hat seine Entgleisungen zwar im Nachhinein heruntergespielt. Aber viele Frauen sehen sich durch den politischen Kurs, der sich abzeichnet, darin bestätigt, dass dieser Präsident notorisch keinen Respekt für sie hat.

„Ich habe große Angst, dass Trump unsere Rechte beschneidet, für die wir so lange gekämpft haben“, sagt denn auch die 65-jährige Deborah, die aus New York gekommen ist. „Ich habe Angst, dass wir Rückschritte machen.“ Diane, eine 50-jährige Krankenschwester, meint, „dass Trump nicht für die Rechte des amerikanischen Volkes steht, er hat keinen Respekt vor der Verfassung. Wir sind die Stimme dieses Landes!“ Andere sagen es mit Plakaten, warnen Trump, dass „wir nicht weggehen werden“.

Und so war die Atmosphäre bei vielen dieser Kundgebungen trotz aller Besorgnisse auch nicht bitter, sondern eher kämpferisch – eine Art Aufbruchstimmung. Das spiegelte sich auch in humorigen Plakataufschriften wider, wie etwa „Free Barron“ – befreit Barron, den zehnjährigen Sohn von Trump und First Lady Melania. Oder „Nasty women against Trump“, fiese Frauen gegen Trump. Als fies hatte der Republikaner Hillary Clinton im Wahlkampf bezeichnet, die sich jetzt noch einmal dafür revanchierte. „Danke dafür, dass ihr für unsere Werte aufsteht, sprecht und marschiert“, twitterte sie. Das sei „wichtiger denn je“.