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Türkei Erdogans Garde wird aufgelöst

Präsident Erdogan verschärft die Gangart unter dem Ausnahmezustand in der Türkei nochmal.

24.07.2016, 23:01

Ankara l Unter dem Ausnahmezustand in der Türkei hat Präsident Recep Erdogan in seinem ersten Dekret die Schließung von mehr als 2300 Schulen und anderen Einrichtungen verfügt. Außerdem können Verdächtige mit dem Erlass ab sofort in bestimmten Fällen 30 Tage in Polizeigewahrsam gehalten werden, bis sie einem Haftrichter vorgeführt werden müssen. Bislang waren maximal vier Tage möglich.

Erdogan sagte in der Nacht zum Sonntag, seit dem gescheiterten Putsch seien mehr als 13  000 Menschen festgenommen worden. Knapp 6000 davon seien in Untersuchungshaft.

Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch aus den Reihen des Militärs mit mindestens 270 Toten verantwortlich. Der Präsident hat angekündigt, staatliche Stellen von Gülen-Anhängern zu „säubern“. Sait Gülen, ein Neffe des islamischen Predigers, wurde im osttürkischen Erzurum in Gewahrsam genommen.

Die Regierung verdächtigt offenbar sogar Erdogans Präsidentengarde, von Gülen-Anhängern unterwandert zu sein. Ministerpräsident Binali Yildirim kündigte am Samstagabend die Auflösung der Einheit an. Binali sagte dem Sender A Haber, für die Garde gebe es keine Notwendigkeit mehr. Am Freitag waren 283 Soldaten des Spezialkräfte-Regiments am Präsidentenpalast in Ankara festgenommen worden.

Erdogan ordnete in seinem Dekret an, landesweit 2341 Einrichtungen mit mutmaßlichen Gülen-Verbindungen zu schließen. Darunter sind 1043 private Schulen, 1229 gemeinnützige Einrichtungen, 19 Gewerkschaften, 15 Universitäten und 35 medizinische Einrichtungen wie Krankenhäuser. Die Entwicklungen in der Türkei lösten international Besorgnis aus, deutsche Politiker forderten Konsequenzen.

Erdogan sagte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu, die Zahl der Festnahmen seit dem Putschversuch in der Nacht zum 16. Juli sei auf 13  165 gestiegen.

Bei ihnen handele es sich um 8838 Soldaten, 1485 Polizisten, 2101 Richter und Staatsanwälte, 52 Behördenleiter und 689 weitere Zivilisten. 5862 der Verdächtigen seien in Untersuchungshaft genommen worden, darunter 1559 Richter und Staatsanwälte sowie 123 Generäle.

Wie es hieß, sei auch ein enger Mitarbeiter Gülens gefasst worden. Er sei offenbar kurz vor dem Putschversuch in die Türkei eingereist.

Nach einem Bericht von Anadolu waren alleine bis zum Wochenende mehr als 44 500 Staatsbedienstete suspendiert worden, die verdächtigt werden, Verbindungen zu dem Putschversuch zu haben. Erdogan kündigte an, wer wegen Terrorverbindungen aus dem öffentlichen Dienst entfernt werde, könne nicht dorthin zurückkehren.

Rund 11  000 Reisepässe vor allem von Staatsbediensteten wurden nach offiziellen Angaben für ungültig erklärt. An den Flughäfen müssen Staatsbedienstete nun eine Bescheinigung ihrer Behörde vorlegen, in der steht, dass ihrer Ausreise nichts im Wege steht.