Türkei-Konflikt Konfrontation hält an

Keine Entspannung in der Krise zwischen Berlin und Ankara: Der türkische Präsident Erdogan fordert Deutschland zur Besinnung auf.

21.07.2017, 23:01

Berlin/Istanbul (dpa) l Im schweren Konflikt zwischen Deutschland und der Türkei bleiben die Fronten verhärtet. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan wies die Vorwürfe der Bundesregierung wegen der Inhaftierung deutscher Staatsbürger zurück. Berichte, wonach im Zuge von Terrorvorwürfen gegen deutsche Unternehmen ermittelt werde, nannte er „böse Propaganda“.

Erdogan betonte: „Es wurde keine Ermittlung, keine Untersuchung gegen eine einzige deutsche Firma eingeleitet. Das ist alles gelogen. Von hier aus möchte ich meine deutschen Freunde und die ganze Welt an Folgendes erinnern: Eure Kraft reicht nicht aus, um die Türkei anzuschwärzen.“

Die Bundesregierung hatte am Donnerstag eine „Neuausrichtung“ ihrer Türkei-Politik angekündigt. Als Reaktion auf die Verhaftung des Menschenrechtlers Peter Steudtner und anderer Deutscher wurden die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes für das beliebte Urlaubsland verschärft. Das Außenamt rät Türkei-Reisenden nun offiziell zu „erhöhter Vorsicht“. Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte: „Klar ist: Wer in die Türkei reist, verbringt seinen Urlaub leider nicht in einem Rechtsstaat.“

Die verschärften Reisehinweise nannte Erdogan „unangebracht“. Zugleich sicherte er deutschen Investoren in der Türkei Schutz zu. „So, wie allen internationalen Investoren stehen auch deutschen Firmen die Türen unseres Landes und Herzen unseres Volkes sperrangelweit offen.“ Zur Kritik von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD), der von Investitionen in der Türkei abgeraten hatte, sagte Erdogan: „Deutschland muss sich besinnen. Mit solchen Drohungen kann es uns niemals Angst machen.“

Im Zusammenhang mit Forderungen der Bundesregierung nach einer Freilassung deutscher Gefangener wie Steudtner, Deniz Yücel und Mesale Tolu aus der Untersuchungshaft sagte Erdogan: „Sie müssen wissen, dass unsere Justiz unabhängiger ist als ihre.“ Der Präsident warf Deutschland erneut vor, Terroristen Unterschlupf zu gewähren.

Geplante und bereits bestehende Rüstungsprojekte mit der Türkei sind gestoppt. „Es kommen derzeit alle Anträge für Rüstungsexporte auf den Prüfstand“, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums am Freitag in Berlin. Nähere Angaben machte sie nicht. Bisher galt die Lieferung von Rüstungsgütern im Rahmen der Nato-Mitgliedschaft der Türkei als weitgehend unproblematisch.

Aus Sicht des deutschen Verfassungsschutzes ist die Türkei wegen ihrer nachrichtendienstlichen Tätigkeit in Deutschland zu einem Gegner geworden. „Wir betrachten die Türkei spätestens seit dem Putschversuch im vergangenen Sommer und den Veränderungen der türkischen Innenpolitik als Nachrichtendienst nicht nur als Partner, sondern mit Blick auf Einfluss-Operationen in Deutschland auch als Gegner“, sagte Hans-Georg Maaßen, der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz.